Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 200

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sowie erfolgreich abgelegte Teile einer Reifeprüfung an höheren Schulen für Berufstätige und erfolgreich abgelegte Teilprüfungen im Rahmen der Meisterprüfung sind als Prüfungen gemäß Abs. 3 anzuerkennen, soweit sie diesen nach Inhalt und Umfang entsprechen.‘"

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder. – Bitte.

21.17

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach all den Diskussionen, die heute geführt wurden, möchte ich Sie fragen: Wie viele von Ihnen in diesem Saal haben jemals Lehrlinge ausgebildet? (Einige Abgeordnete zeigen auf, darunter die Abgeordneten Mag. Peter , Rossmann und Steibl. ) Ich vermute, wenn es viele sind, dann 10 Prozent. (Abg. Ing. Tychtl: Weniger!) Weniger! Ich habe mit 10 Prozent hoch geschätzt.

Dann möchte ich Sie fragen: Wie viele von Ihnen sind Väter und Mütter und wissen über die Entwicklung von Kindern Bescheid, wissen, daß sie unterschiedliche Anlagen und Fähigkeiten haben? – Wir haben heute in den verschiedensten Redebeiträgen von Prüfungen, von der Notwendigkeit der Durchlässigkeit et cetera gehört, aber eigentlich haben wir davon gesprochen, daß wir alle zu höherer Bildung streben. Auch das ist wichtig und notwendig. Aber in Wahrheit schaffen wir hier ein Gesetz, das wichtig und notwendig ist für die Eltern. Ich sage ganz bewußt: für die Eltern.

Denn die Eltern haben es verabsäumt, ihren Kindern den Wert einer handwerklichen, einer gewerblichen Ausbildung zu vermitteln. Wir haben mit dem Slogan "Karriere mit Lehre!" geworben. Als ich in meinem Beruf begonnen habe, war es selbstverständlich, daß ein kaufmännischer Lehrling Generaldirektor der größten Bank Österreichs werden kann. Das war seinerzeit alles möglich – heute nicht mehr. Wir haben bewußt versucht, die Lehre durch andere Bildungswege in den Hintergrund zu drängen.

Was haben wir damit erreicht? – Wir haben eigentlich versucht, an den Menschen und seinen Anlagen vorbei Entwicklungen zu beeinflussen. Die schulische wie die bildungspolitische Ausbildung sind enorm wichtig. Wir sprechen auch vom "lebensbegleitenden Lernen". Wir verstehen aber nicht, daß Jugendliche in ihrer Entwicklung bestimmte Phasen, wie etwa die Pubertät, durchleben – auch die Lehrer wissen das –, in denen sie nicht in die Schule gehen wollen. Den Elternteil möchte ich sehen, der es dann zustande bringt, den Jugendlichen in der Schule zu halten. Und dann heißt es: Wenn du die Schule nicht machst, dann gehst du in die Lehre! – Das haben wir den Jugendlichen vermittelt!

Wir haben aber auch festgestellt, daß gerade eine gute Lehrlingsausbildung große Chancen für die Zukunft der Jugendlichen in sich birgt. Denn diese können selbständig werden, sie können kreativ tätig werden und ihre eigenen Vorstellungen umsetzen.

Ich wollte Sie noch etwas fragen: Wie viele Väter und Mütter befinden sich hier unter Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, deren Sohn oder Tochter eine Lehre besucht? – Ich glaube, niemand. (Abg. Dr. Gredler: Doch!) Gott sei Dank! Aber wenn es ein oder zwei Prozent sind, dann ist das viel!

Ich möchte Herrn Dr. Antoni, der mir gerade zuhört und Bildungssprecher ist, um eines bitten. Verschiedene Vorstellungen, die sowohl von den Liberalen, den Freiheitlichen als auch von uns in die Richtung gehen, daß wir den Jugendlichen mehr Chancen geben könnten, werden dort und da in verschiedenen Bereichen – verzeihen Sie, wenn ich das sage! – Ihrer Fraktion abgeblockt, weil man meint, die schulische Ausbildung sei die allein seligmachende.

Ich habe jetzt wieder Lehrlinge aufgenommen. Aber es ist eine Tatsache, daß die Lehrlingsausbildung in den Betrieben erschwert wird. Wir haben immer davor gewarnt. Wenn ich nur in die


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