Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 214

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gung dafür schreiben muß, warum sie "euch" klein schreibt. Das ist das Problem! (Abg. Schaffenrath: Wegen der Tante Edith machen wir keine Rechtschreibreform! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Weitere Groß- und Kleinschreibungsfälle: Bei "Stiller Ozean" schreibt man "still" groß, bei "Heiliger Vater" schreibt man aber "heilig" wieder klein! (Abg. Mag. Guggenberger: Stimmt ja nicht! Falsch! "Heiliger Vater" schreibt man groß!) Das ist doch absurd! Das muß man einem Kind erst einmal erklären!

Sehr verehrte Frau Ministerin, es wundert mich ja nicht! Ich habe Sie zwar anfangs, als Sie in dieses Haus kamen, sehr geschätzt und mir gedacht, nun haben wir endlich eine Unterrichtsministerin, die ein bißchen Ahnung von der Praxis hat! Jedoch habe ich meine Meinung über Sie im Zusammenhang mit dem Eiertanz bei der Ferienordnung in Vorarlberg geändert. Sie haben dieser Ferienordnung für Vorarlberg als Mitglied der Landesregierung zugestimmt, aber als Bundesministerin in diesem Haus wurden Sie sofort vom ÖVP-Virus des Umfallens befallen und haben plötzlich nichts mehr von Ihrem Beschluß in der Landesregierung gewußt, und von da an habe ich meine Meinung über Sie revidiert. (Zwischenruf der Abg. Motter. – Abg. Mag. Schweitzer: Liebe Tante Klara!) Als nun diese Rechtschreibreform von Ihnen als politische Entscheidung über unsere Köpfe hinweg durchgezogen wurde, bin ich leider in meiner Meinung bestätigt worden.

Frau Ministerin! Ich ersuche Sie im Sinne der österreichischen Bevölkerung und der armen Kinder, die nicht wissen, wo die Grenzen sind, diese Rechtschreibreform auszusetzen (Abg. Schaffenrath: Im Sinne der Tante Edith!) und nochmals zu überdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte, das Stenographische Protokoll dieser Debatte besonders sorgfältig zu lektorieren.

Am Wort ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

22.20

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist eine interessante Erscheinung in unserer Zeit, daß sich, solange Dinge von Kommissionen bearbeitet und sachlich diskutiert werden, eigentlich niemand dafür interessiert. Wenn es dann aber nach zwölf Jahren ein Ergebnis gibt, dann gibt es plötzlich wahnsinnig viele Bestrebungen, die beschlossenen Reformen zu behindern. Es ist erstaunlich, daß es so viele Menschen gibt, die immer wieder versuchen, hinter einem fahrenden Zug nachzulaufen oder sich womöglich auf die Schienen zu legen, was natürlich sehr wenig Wirkung hat.

Ich meine, daß diese Rechtschreibreform eine lange gemeinsame Diskussion zur Grundlage hat. Was Herr Abgeordneter Schweitzer als großen Trumpf vorgebracht hat, betrifft eine Diskussion zwischen den Autoren und den Verlegern, die selbstverständlich die Urheberrechte zu respektieren haben, was jedoch überhaupt nichts mit der Schule, mit dem Unterricht oder mit sonst etwas in diesem Zusammenhang zu tun hat. Die genannte Diskussion muß zwischen den Verlegern und denen, die das Urheberrecht haben, abgeführt werden. Weiter sind daraus aber keine Schlüsse zu ziehen!

Die Sorge, daß unsere Kinder die Rechtschreibreform nicht erlernen, ist unbegründet. Wir haben Untersuchungen an Schulen in Salzburg gemacht: Die Reform hat für die Schüler Erleichterungen gebracht. Das konnte ganz eindeutig bewiesen werden. Ich möchte noch einmal ganz klar festlegen, daß die Rechtschreibung bislang in keinem Staat per Gesetz geregelt ist, daß also niemand verurteilt werden kann, wenn er nicht richtig schreibt, daß es daher einer gesetzlichen Beschlußfassung nicht bedarf. (Abg. Scheibner: Aber durchfallen kann er!) Für die Rechtschreibung gibt es kein Gesetz, und es wird niemand verurteilt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es gibt auch bei der derzeit bestehenden Rechtschreibung die Möglichkeit, "Friseur" oder "Frisör" zu schreiben. Es gibt nie


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