Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 69

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die Anzahl der Lehrstellensuchenden und sinkt die Anzahl der verfügbaren Lehrplätze. Wahrscheinlich gibt es noch ein besonderes "Fit"-Problem, daß diejenigen, die bestimmte Stellen suchen, gerade diese nicht finden. Die Lücke zwischen Stellen und Suchenden wird größer – trotz der Maßnahmen, die wir hier schon beschlossen haben, trotz der vielbeschworenen Lehrlingsoffensiven.

Wenn der Leiter des AMS recht hat, dann könnte es sein, daß wir im September an die 12 000 Lehrstellensuchende ohne Platz haben, das ist der schlechteste Fall, im besten Fall wären es seiner Meinung nach 4 000. Irgendwo dazwischen liegt der wahrscheinliche Bereich, aber es zeichnet sich ab, daß es mehr sein werden, daß die Lücke größer sein wird als im September 1996 mit damals 6 000 fehlenden Plätzen. Ganz zu schweigen von der Lage in den einzelnen Bundesländern, die sehr unterschiedlich ist, beispielsweise relativ günstig in der Steiermark, aber sehr ungünstig in Tirol, Vorarlberg und Salzburg.

Herr Bundesminister! Mit anderen Worten: Für die Erreichung der Vollbeschäftigung muß uns rasch sehr viel mehr einfallen als das, was Sie heute angedeutet haben. Auch eine Verbesserung der Konjunkturlage würde an der Situation nichts ändern. Nach den letzten Schätzungen des IHS würde auch bei einer Verbesserung der Konjunktur nur einer von fünf Arbeitslosen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Vier von fünf würden auch bei einem Konjunkturaufschwung keinen Job finden.

Was müßte und könnte man in diesem Bereich denn noch tun? – Ich vermisse eine klare Prioritätensetzung, auch im Budget, zugunsten der Zukunftsinvestitionen, um es plakativ zu sagen. Das heißt, Vorrang für die Bildungsausgaben, von der Volksschule bis zu den Universitäten.

Herr Minister Farnleitner! Im schriftlichen Text weiter hinten gibt es die Überschrift "Zukunftsbereiche", und da wird chronologisch – vielleicht ist das nicht so gemeint, aber es ist so – an erster Stelle genannt: Investitionen im Hochbau und im Straßenbau. Das muß wohl ein Redaktionsversehen sein. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Nächste Seite!) Das traue ich Ihnen nicht zu, daß Sie das als die Zukunftsbereiche der österreichischen Wirtschaft bezeichnen.

Was fehlt, ist ein größeres Tempo bei der ökologischen Steuerreform. Alle sagen seit Jahren, daß die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen. Alle wissen, daß man Lohnnebenkosten nicht einfach senken kann, sondern daß in aller Regel ein fiskalischer Ersatz dafür geschaffen werden muß. Jetzt gilt als Zielgröße das Jahr 2000. Das hätten wir schon längst angehen können.

Herr Finanzminister! Wenn Vollbeschäftigung wirklich Ihr Ziel ist, wie können Sie dann zulassen – zumindest wird das laufend in den Zeitungen kolportiert –, daß nach wie vor Milliarden – 5 Milliarden, wenn ich nicht irre, wenn nicht mehr – vom AMS, also aus dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik, zu den Pensionsversicherungen umgeschichtet werden?

Bei allem Respekt vor der Sicherung der Pensionen, aber das kann nicht Ziel, das kann nicht Schwerpunkt der zukünftigen Politik sein, daß wir sozusagen die Investitionen, die tatsächlich die Zukunft betreffen, zugunsten des gegenwärtigen Konsums kürzen!

Noch zu Herrn Minister Farnleitner. Herr Minister Farnleitner! Sie haben schon einiges versucht, um die problematische Situation Österreichs bei den Neugründungen von Unternehmen zu korrigieren. Ich glaube nicht, daß das reicht, was Sie bis jetzt gemacht haben. Bei Neugründungen an letzter Stelle der EU zu sein, ist schon ein Phänomen. Da muß schon einiges zusammenkommen, damit so etwas eintritt. Zumindest nach einer Zeitungsmeldung vom Beginn dieses Jahres lag nur Norwegen betreffend die Zahl der Neugründungen von Unternehmungen hinter uns. Das scheint mir das Hauptproblem zu sein, daß Österreich in der Vergangenheit zwar eine ganz gute Maschinerie entwickelt hat, die jetzt zunehmend weniger wirkt, passiv Arbeitsplätze abzusichern; aber das, was die Dynamik in den USA ausmacht – unbeschadet aller Vorbehalte, die man haben kann –, das sind eben die Neugründungen von Unternehmungen, die Neugründungen von Firmen und auch neue Arbeitsplätze in alten Firmen, aber vor allem die Neugründungen von Unternehmungen.


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