Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 42

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Wir haben darüber hinaus Befragungsrechte – ob das nun eine mündliche oder eine schriftliche Anfrage ist –, wir haben die Möglichkeit, Entschließungsanträge zu stellen, und wir haben die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzurichten.

Lassen Sie mich zur dritten Frage kommen: Wie werden diese Instrumente in der Praxis gehandhabt? – Was die Möglichkeit betrifft, ein Gesetz mit einem Drittel der Abgeordneten vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen und dort seine Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen, so geht dieses Parlament immer mehr dazu über, durch eine eingesetzte Zweidrittelmehrheit diese Überprüfung des Verfassungsgerichtshofes unmöglich zu machen. Ich meine damit nicht, daß es nicht das selbstverständliche Recht einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments ist, die Verfassung weiterzuentwickeln oder auch zu ändern – davon redet kein Mensch! –, sondern es geht darum, daß man nur unter dem Blickwinkel, den Verfassungsgerichtshof als Kontrollorgan über Grundprinzipien auszuschalten, die Zweidrittelmehrheit einsetzt. Das halte ich für einen Abusus, da muß Einhalt geboten werden, denn das ist die Zerstörung des Kontrollrechtes des Parlaments! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn wir uns etwa auch anschauen, wie ernst beziehungsweise unernst die Befragungsrechte der Parlamentarier von den Regierungsmitgliedern genommen werden, dann erkennen wir hier eine mehr als negative Entwicklung mit oberflächlichen Antworten, mit ungenügenden Antworten, und ich sage sogar: mit unwahren Antworten. Diese Haltung: "Man darf auch einmal die Unwahrheit sagen, man kann es ja auch beichten!" scheint immer mehr zu einem anerkannten Prinzip zu werden. Wenn ich mir etwa anschaue, wie ernst beziehungsweise unernst Entschließungsanträge dieses Parlamentes – nämlich aller Fraktionen des Hauses – genommen werden, dann ist diese Entwicklung erschreckend.

Ich erinnere mich zurück: Im Jahr 1994 haben alle fünf Fraktionen des Hauses den Entschließungsantrag eingebracht, man möge den Begriff "Karenzurlaub" in den Begriff "Karenzzeit" umwandeln. 1997 – jetzt! – beginnt man damit! Bis jetzt hat das keinen Menschen interessiert, obwohl alle fünf Fraktionen des Hauses das wollten!

Ich habe noch ein weiteres Beispiel, das besonders bemerkenswert ist. Es gibt einen Entschließungsantrag vom 16. Juli 1994 aller fünf Fraktionen dieses Hauses an den Justizminister, in dem es darum ging, daß der Justizminister ersucht wird, dem Nationalrat bis spätestens 1996 eine Regierungsvorlage zu unterbreiten, in der unter anderem dauerhafte gesetzliche Grundlagen für den außergerichtlichen Tatausgleich auch für Erwachsene vorgesehen werden.

Nun macht sich der Minister – endlich!, sage ich – auch öffentlich Gedanken darüber. Aber was tut die Vorsitzende des Justizausschusses, Frau Fekter? – Am 30. Juni 1997 läßt sie uns wissen – und das ist keine mißverständliche Wiedergabe durch die APA, denn das schreibt der Pressedienst der ÖVP; ich zitiere –: "Überrascht zeigte sich die Justizsprecherin der ÖVP, Abgeordnete Dr. Maria Fekter, heute, Montag, über den Vorstoß von Justizminister Michalek zum außergerichtlichen Tatausgleich." – Zitatende.

Die Sprecherin des Justizausschusses zeigt sich überrascht darüber, daß der Justizminster endlich das macht, was ihm fünf Fraktionen dieses Hauses im Juli 1994 aufgetragen haben! Sie bremst ihn ein und sagt: Darüber müssen wir erst einmal reden! – Sie als Abgeordnete haben sich an die Entschließungsanträge dieses Hauses genauso zu halten wie die Regierung, für die sie ein Auftrag sind, Frau Vorsitzende des Justizausschusses! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Dr. Fekter. )  – Sie können gerne eine andere Meinung haben! Ihre andere Meinung nehme ich Ihnen nicht weg, aber ich halte es doch für sehr bemerkenswert, daß die Vorsitzende des Justizausschusses entgegen einem Entschließungsantrag dieses Hauses agiert.

Jedenfalls denke ich, daß diese Instrumente, die wir im Parlament haben, in einer Weise ... (Abg. Dr. Fekter: Lesen Sie weiter! Wie ist es mit dem Opferschutz? Ich bin nämlich für den Opferschutz!)  – Sie wissen genau, daß dies kein Gegensatz ist! Das Ausspielen dieser beiden Bereiche ist für eine Justizsprecherin die unterste Schublade. Das disqualifiziert Sie, das muß


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