Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 195

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wicklung manchmal auch mit Turbulenzen, vielleicht sogar mit gewissen Schmerzen verbunden sein kann, mag schon so sein.

Ich glaube nur, daß diesem Parlament und diesem Land insgesamt diese Entwicklung nicht erspart bleibt. Ich glaube weiters – ich meine das jetzt überhaupt nicht zynisch –, daß es kein Zufall ist, daß diese Veränderungen der Österreichischen Volkspartei wahrscheinlich mehr weh tun als anderen Parteien, weil sie eine traditionell – sage ich jetzt einmal – vielfältigere Struktur hat und auch sehr unterschiedliche Berufsgruppen, Meinungen und Interessen vertritt.

Deswegen denke ich – ohne Sie beeinflussen zu können, aber durchaus, um Sie vielleicht zum Nachdenken anzuregen –, es ist kein Wunder, daß sich bei derartigen Entscheidungen, immer, wenn wir wissen, daß es hart auf hart geht und die Entscheidung knapp wird, die Freiheitliche Partei mit derartigen Vorgaben sehr leicht tut, weil sie ganz anders organisiert ist, eine andere Tradition hat und weil bei ihr eben diese Vorgaben viel leichter durchgehen. Ich weiß, daß die Interessen von Weinbauern, Gewerbetreibenden oder von Frauen und Ärzten ganz unterschiedlich sein können, und insofern kann ich mir vorstellen, daß das bei Ihnen intern und später in der Debatte nicht leicht ist.

Ich habe versucht, noch in der Präsidiale vielleicht einen Kompromiß zu finden, und habe gesagt: Dann stimmen wir eben ganz normal ab, also weder namentlich noch geheim, sondern so wie immer. Und eigentlich bin ich in der letzten Präsidiale davon ausgegangen, denn dort war das nämlich kein Thema. Weder Klubobmann Khol noch Klubobmann Kostelka haben gesagt: Da könnte es in meiner Fraktion Schwierigkeiten geben. Machen wir das auf diese oder jene Weise. – Dann hätte die Präsidiale ja – vielleicht – präventiv den Konflikt bewältigen können.

Das war nicht der Fall. Daher bin ich eigentlich davon ausgegangen, daß wir unser Stimmverhalten durch Aufstehen oder Sitzenbleiben kundtun werden. Und da es sehr knapp ausgehen wird, wird man dann zählen müssen; das heißt, es gibt keine Namen im Protokoll, aber die Zahl ist sehr wohl feststellbar.

Zur Frage namentliche Abstimmung oder nicht denke ich mir schon, daß irgendeine Diskrepanz bestehen bleibt. Denn wenn von vielen Abgeordneten dieses Hauses zuerst öffentliche Erklärungen abgegeben werden: Aus diesen und jenen Gründen handle ich so oder so!, dann – so etwas muß man nicht tun; man muß sich nicht in Aussendungen oder öffentlichen Stellungnahmen äußern –, denke ich mir, ist es auf jeden Fall ein Widerspruch, zu sagen: Das kann ich aber nur in einer geheimen Abstimmung ausleben. Diese Meinungskundgebung ist ja bereits öffentlich erfolgt. Man muß solche Äußerungen nicht abgeben, aber wenn man dies tut, dann ist es, denke ich, gerade unter dem Motto der Glaubwürdigkeit nicht leicht, davon abzugehen.

Herr Klubobmann Khol! Sie haben hier Mutmaßungen geäußert, es würden Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion nicht ihre freie Meinung sagen können. Sie haben aber, als ich Sie mit den sehr heftigen Debatten einiger Mitglieder Ihrer Fraktion, die anderer Meinung sind, konfrontiert habe, gesagt: Es wird doch legitim sein, in der eigenen Fraktion Überzeugungsarbeit zu leisten. – Da frage ich Sie schon: Wo ist die Grenze der Überzeugungsarbeit, wo beginnt wirklich das Unter-Druck-Setzen?

Ich denke, letztlich muß es so sein, und das kann sehr unangenehm für die Betroffenen sein, aber letztlich heißt "freies Mandat" ja nicht, daß man jeden Konflikt vermeiden kann.

Viele von uns waren auch bei Debatten in Weinbauerndörfern, und dabei wurden wir mit mehrheitlich anderen Meinungen konfrontiert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.  – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber das kann man, wie ich meine, argumentieren. Das ist verständlich.

Ich gebe noch ein Allerletztes zu bedenken: Es gab in diesem Haus bereits viel kritischere Entscheidungen, die viel stärker Fragen des Gewissens waren: etwa die Fristenlösung oder die Frage der sogenannten Homosexuellenparagraphen. Darüber wurde offen abgestimmt!


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