Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 52

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In Österreich gibt es außer Weizen speziell bei Getreide fast keine Pflanzenzüchtung mehr, lieber Herr Kollege. Sortenmaterial wird ausschließlich aus dem Ausland angeboten und ist großteils nicht frei von Genveränderungen. Das bedeutet Wettbewerbsnachteile und somit höhere Kostenabhängigkeit und höhere Preise – und wer zahlt sie? (Abg. Ing. Reichhold: Das ist doch das Vorwort von einem Prospekt von Ciba-Geigy!)

Das heißt aber auch, meine Damen und Herren, daß wir nicht kontrollieren können. Daher muß neben der Grundlagenforschung schlußendlich auch die Wirkungsforschung forciert und betrieben werden. Denn wir erfahren vieles nur, indem wir selbst forschen. Wir wissen aber auch, daß der Einsatz der Gentechnik Risken bedeutet, Risken für Mensch und Umwelt. Um diese so gering wie möglich zu halten, ist ein strenges Prüfverfahren vor der Zulassung genveränderter Organismen notwendig. Moratorien, wie sie vielfach verlangt werden, führen uns nicht weiter. Die EU-Mitgliedschaft verpflichtet uns, im Prüfungs- und Zulassungsverfahren mitzutun, nur fehlt uns leider bis jetzt die fachliche Erfahrung, und wir können deshalb nur sehr schwer ein Urteil abgeben. (Abg. Dr. Petrovic: Es lebe die "freie" Rede!)

Ich frage Sie: Wollen wir in Österreich an der Entwicklung der Gentechnik teilnehmen, an der Forschung und an der Wertschöpfung – oder verlassen wir uns auf das Ausland? Kaufen wir alles aus dem Ausland zu? Lagern wir somit künftig auch Arbeitsplätze aus? – Die Konsumenten sind nicht beziehungsweise in nur sehr bescheidenem Maße bereit, einen generell höheren Preis für Produkte aus gentechnikfreier Landwirtschaft zu zahlen. Österreich als gentechnikfreie Zone ist deshalb nicht machbar. Dort aber, wo gentechnikfreie Lebensmittel verlangt werden, müssen diese angeboten werden. Der Konsument soll eine Wahlmöglichkeit haben.

Für die biologische Landwirtschaft ist jedoch die Gentechnikfreiheit Voraussetzung. Der Verzicht auf Gentechnik entspricht dem Grundprinzip des biologischen Landbaues und dem Grundverständnis der Biobauern. Wir treten daher für eine umfassende Kennzeichnung von genveränderten Lebensmitteln sowie für eine verpflichtende Kennzeichnung von gentechnisch verändertem Saatgut und Futtermitteln ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Entsprechende Regelungen auf europäischer Ebene sind dazu notwendig; nationale Alleingänge sind weder juristisch noch technisch machbar. Dort aber, wo Gentechnik angewandt wird, ist eine gewissenhafte, objektive und transparente Zulassungs- und Haftungsregelung die Voraussetzung für die Freigabe. Auch die Frage der Ethik spielt hiebei eine entscheidende Rolle. Es ist das auch eine Frage der Moral und der Wahrhaftigkeit. Die Haftungsethik soll eine Verpflichtung zur Deckungsvorsorge für eventuell später auftretende Schäden beinhalten.

Meine geschätzten Damen und Herren! Dort, wo das Volksbegehren generell gegen die Gentechnik und ihren verantwortungsbewußten Einsatz auftritt, geht es in die Irre und verbaut mit seiner Polemik echte Zukunftschancen für Österreich und seine Menschen. Wer seriös argumentiert, muß auch verschiedene Gentechnikprodukte im einzelnen differenziert beurteilen. Auch ohne EU müßten wir uns an dieser modernen Entwicklung beteiligen, um nicht den ökonomischen und technischen Anschluß gänzlich zu verlieren. Die Gentechnik bringt neue Wirtschaftschancen – auch für Österreich, das seinen guten Ruf als Land moderner Technologie und moderner Wirtschaft nicht aufs Spiel setzen darf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nunmehr noch Herr Abgeordneter Gradwohl dazu zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.34

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Den Ausführungen meines Vorredners habe ich sehr aufmerksam gelauscht. Kollege Schrefel, ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie die letzten Verhandlungen im Landwirtschaftsausschuß etwas anders sehen, als sie tatsächlich abgelaufen sind (Beifall des Abg. Ing. Reichhold ), denn das, was Sie hier gesagt haben, wäre weit über das hinausgehend, was wir im Landwirtschaftsausschuß zustandegebracht haben.


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