Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 75

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Ich bin auch etwas bestürzt, aber eigentlich nicht überrascht darüber, daß sich mit Ausnahme des Kollegen Peter, der noch reden wird, die Männer an dieser Debatte nicht beteiligen. Es existiert so allgemein die Haltung: Das ist ein Frauenthema. Da sollen sich die Frauen untereinander in den Fraktionen irgendwie abstreiten. Wir schauen uns an, was herauskommen wird, und irgendwie werden sich vermutlich die Frauen schon in die Haare kriegen und zusammenraufen, weil die Parteipolitik nach wie vor auch zwischen Frauen eine bestimmende Rolle spielt. Somit müssen wir uns dazu gar nicht näher äußern. Ich frage mich, meine sehr geehrten Herren, ob das wirklich die geeignete Haltung ist, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Die eigentliche Frage ist aber, meine Damen und Herren, wie wir Parteienvertreter mit den Themen dieses Frauen-Volksbegehrens umgehen. Ich erinnere nur an einige von den Frauen im Frauen-Volksbegehren genannten Themen, wie etwa die Forderung nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die in mehreren Forderungen enthalten ist. Sie wird von bestimmten politischen Parteien umgewandelt, in diesem Fall hauptsächlich von der ÖVP – Gott sei Dank gibt es auch noch andere Meinungen – und von der FPÖ. Es gibt die Forderung nach einem Kinderbetreuungsscheck, was nichts anderes heißt, als daß Frauen aus dem Arbeitsmarkt ausgekauft werden sollen.

Falls Ihnen dieser Unterschied nicht geläufig ist, meine sehr geehrten Damen von den Freiheitlichen – der Herr Ofner ist auch da, Entschuldigung, den habe ich übersehen (Abg. Dr. Ofner: Ich bin geschlechtsneutral!)  –, möchte ich doch sagen, er ist sehr essentiell für die Frauen; denn entweder versteht man sich dazu, daß Frauen nach wie vor zu Hause bleiben sollen und dafür ein bißchen Geld erhalten, eine Alimentation, mit der sie das Zuhausesein einigermaßen erträglich finden könnten, und sich der Familie widmen (Abg. Apfelbeck: Wenn sie wollen! – Abg. Haller: Wahlfreiheit!) , oder man bekennt sich dazu, auf das, worauf die Frauen sehr großen Wert legen, einzugehen und ihren Interessen, zumindest teilweise, Berücksichtigung durch legistische Maßnahmen zu verschaffen. Aber das ist ja ein großer Unterschied.

Zweiter Punkt ist die Forderung nach Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern. Diese Forderung des Frauen-Volksbegehrens wird – und das geht auch an die Adresse der SPÖ – durch die Verfügbarkeits- und Zumutbarkeitsbestimmungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz konterkariert.

Ich weiß schon, Frau Ministerin, Sie äußern manchmal, was Sie in dieser Hinsicht nicht für richtig halten; aber das ist mir zu wenig. Sie wissen genausogut wie ich – vermute ich einmal –, daß Hunderte Frauen bereits betroffen sind und daß Hunderte Frauen in Österreich Bescheide vom Arbeitsmarktservice erhalten haben, weil sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Ich habe es selbst nicht geglaubt. Ich habe geglaubt, das sei nur eine theoretische Bestimmung, weil uns das Sozialministerium, die Frau Sozialministerin oder auch die Verantwortlichen des AMS immer versichern, das werde ja bei Frauen nicht vollzogen. Ich weiß aber sehr wohl aus der Praxis, daß es darüber eine erkleckliche Anzahl von Klagen, von Beschwerden von Frauen gibt, die gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservices berufen haben. Diese haben in der Berufungsinstanz nicht recht bekommen, haben aber nicht den Mut, diese Fragen bis zum Verwaltungsgerichtshof zu tragen, weil das natürlich eine sehr aufwendige Sache ist.

Aber das ist die Realität, die schon teilweise vor dem Frauen-Volksbegehren existiert hat. Das ist mir schon klar, aber wir sollten doch diese Sachen endlich ernst nehmen. Die Forderung nach einer verfassungsrechtlichen Gleichstellung der Frauen wird durch den ideologischen "Quargelsturz", den ÖVP und FPÖ mit der verfassungsrechtlichen Bevorzugung der Familie erreichen wollen, erstickt. Das halte ich – und wir hatten ja schon die Möglichkeit, darüber zu diskutieren – für einen nicht gerade geringen Affront gegenüber den Frauen.

Der Forderung nach einer eigenständigen Alterssicherung – und das betrifft Sie, Frau Ministerin – wird eigentlich in der Realität – nicht durch das, was Sie sagen – zynisch begegnet, nämlich durch die Forderung, durch den Vorschlag nach Ausweitung des Bemessungszeitraums, durch die Anspruchsvoraussetzung von 15 Jahren, die erhöht werden. Die Anspruchsvoraussetzung wird zwar nicht erhöht, aber sie schränkt de facto den Zugang der Frauen zur Alterspension ein. Man müßte von Ihrer Seite eigentlich fordern, daß diese Anspruchsvoraus


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