Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 192

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Nichts anderes prophezeie ich diesem Unternehmensreorganisationsgesetz. Warum? – Weil es dem Unternehmen nichts bringt! Der Unternehmer begibt sich unter staatliche Kontrolle, das Verfahren wird eingeleitet, es wird ein Prüfer bestellt, es werden Sachverständige bestellt, es werden die Kreditschutzverbände, der AKV, mit Sicherheit verständigt werden; von einer Geheimhaltung kann also überhaupt keine Rede sein. Ich prophezeie, daß die Unternehmen, wenn es tatsächlich Versuche geben sollte, dieses Gesetz umzusetzen, nicht durch die Situation, daß ihr Eigenkapital auf 8 Prozent gesunken ist, sondern erst durch die Antragstellung in Gefahr kommen, insolvent zu werden.

Denn eines ist klar, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es ist eine Illusion, wenn man davon ausgeht, daß dieses Verfahren unter der Decke, unter der Tuchent, ohne Beobachtung der Gläubigerschutzverbände abgewickelt werden kann. Die Gläubigerschutzverbände haben ja statutengemäß die Verpflichtung, ihre Kunden, ihre Klienten vor dem Ausfall von Forderungen zu bewahren, sie werden daher selbstverständlich dem auch nachkommen – und ich garantiere Ihnen, daß in den sogenannten vertraulichen Listen der Gläubigerschutzverbände selbstverständlich allfällige Einleitungen von Reorganisationsverfahren aufscheinen werden.

Meine Damen und Herren! Aus den Erfahrungen in der Praxis wissen wir natürlich, wozu das führt. – Das bedeutet: keine Warenlieferungen mehr gegen offene Rechnungen, nur mehr Zug um Zug, das heißt, die Ware wird ohne Barzahlung nicht ausgeliefert. Das bewirkt naturgemäß einen Liquiditätsengpaß. Außerdem werden Kreditlinien nicht mehr verlängert, oder aber – und auch das ist ganz klar angesichts der Bedingungen der Banken – die Einleitung eines Reorganisationsverfahren bildet einen sogenannten wichtigen Grund dafür, daß Kredite fälliggestellt werden können. Das ist das eine.

Das zweite ist: Es bringt dem Unternehmen nichts. Der Unternehmer kann damit nichts erreichen: Er hat keinen Konkursschutz, er hat keinen Exekutionsschutz, und er bekommt nicht einmal eine Forderung oder einen Teil der Forderung nachgelassen. Also wozu soll das Ganze dienen?! Noch dazu ist die Verpflichtung zur Einleitung des Reorganisationsverfahrens auf prüfpflichtige Großunternehmen beschränkt. Das heißt mit anderen Worten, daß es da um Unternehmen geht, die ohnedies über einen Betreuerstab von Wirtschaftsprüfern, Buchhaltern, Steuerberatern und Anwälten verfügen. Wozu bitte sollen diese in ein solches Verfahren gehen? Die einzigen Nutznießer könnten Banken sein, denn Sinn dieses Gesetzes ist es, wie gesagt wurde, Kredite anfechtungsfest zu machen. Nur: Das geht wieder zu Lasten der sonstigen Gläubiger.

Denn wenn eine Bank eine neue Kreditlinie gewährt und etwa eine noch nicht belastete Liegenschaft des Unternehmens als Sicherheit heranzieht und das anfechtungsfest sein soll, dann wird dieses Vermögensgut bei einer nachfolgenden Insolvenz zu Lasten aller Gläubiger und zugunsten der Banken sichergestellt. Das sollte nicht der Sinn dieses Gesetzes sein!

Zweitens: Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen werden nichteigenkapitalersetzend, also in einem allfälligen Insolvenzverfahren nicht rückforderbar gemacht. – Das schützt wieder nur den einzelnen Unternehmer und nicht die Gläubiger. Wir tun ununterbrochen, teilweise sicherlich berechtigt, etwas für Schuldner. Wir müssen irgendwann einmal aber auch an die Gläubiger denken. Und ob das der richtige Weg ist, das möchte ich wirklich bezweifeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher haben wir unsere Mindestanforderung für eine Zustimmung an einen, wie ich glaube, sehr sachlichen und fundierten Abänderungsantrag geknüpft. Dieser Abänderungsantrag setzt voraus, daß die Zielsetzungen des Chapter 11 des US Code of Bankruptcy auch wirklich umgesetzt werden. Denn man hat in den USA gesehen, daß das einen echten Schutz bietet. Da steht ein Unternehmen eine Zeitlang unter dem Schutz des Chapter 11 und bekommt so eine Atempause. Die Gläubiger können ihre Forderungen in einem bestimmten Zeitraum nicht einbringlich machen. Der Sinn dieser Regelung ist die Verbesserung der Struktur des Unternehmens. Neue Geschäftsfelder könnten erschlossen werden, andere Verbesserungen Platz greifen. – Das würde Sinn machen.


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