Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 75

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Es wurde auch kein Wort zur Situation in Hongkong verloren. Aus Aktualitätsgründen – wurde mir gesagt – könne man dazu nicht Stellung nehmen. (Abg. Schieder: Wir haben Jahrhunderte zu England geschwiegen!) Andere Länder tun es, Herr Kollege Schieder. Es wird dauernd der deutsche Außenminister Kinkel zitiert. Außenminister Kinkel ist mir natürlich sehr sympathisch. (Abg. Schieder: Ah so?) Aber es ist natürlich ein Problem, wenn man ununterbrochen Herrn Außenminister Kinkel fragen muß, bevor man österreichische Außenpolitik betreibt. Oder werden wir nächstes Jahr Außenminister Kinkel hier haben, der den Außenpolitischen Bericht gibt, weil Österreich kein eigenständiges Profil erarbeiten wollte? (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Kein Wort zu Burma, wozu es eine klare Stellungnahme der Europäischen Union gibt. Burma wird jetzt in die ASEAN-Staaten aufgenommen. Ich glaube, daß wir das als Affront werten können. – Nein, wir werten das nicht als Affront. Burma wird reingewaschen.

In Nordkorea gibt es ein gravierendes Demokratiedefizit. Einerseits verhungern die Menschen, andererseits gibt es dort eine Militäraufrüstung, die ihresgleichen sucht. Kein Wort dazu!

In Peru dasselbe. Überall, wo man hinschaut, wo es Probleme gibt und wo Österreich die Rolle des Rechtsanwaltes spielen, ein Vorkämpfer in Sachen Menschenrechte sein könnte, herrscht Schweigen über Schweigen – mit der Begründung, das sei zu aktuell.

Weiters Afrika, der Bereich der großen Seen, das Problem Kongo, Zaire, Hutus, Tutsis, Ruanda. Es wird kein Wort über die Massenmorde, die dort geschehen sind, verloren und auch kein Wort über eine Änderung der Situation und darüber, welche außenpolitischen Lehren wir daraus ziehen oder was wir außenpolitisch anders machen könnten.

Eine diesbezügliche Frage von mir im Außenpolitischen Ausschuß hat bewirkt – das war letzte Woche –, daß man sagt, aus Aktualitätsgründen könne man dazu nicht Stellung nehmen, weil die Europäische Union noch keine gemeinsame Stellungnahme erarbeitet habe. Man braucht nicht immer den Kollegen Kinkel, um eine Meinung zu haben, meine Damen und Herren! Ich würde mir wünschen, Herr Außenminister Schüssel hätte eine. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber wenn er schon den Kinkel braucht, dann möchte ich mir gerne einmal anschauen, was Schüssel im September, wenn der Dalai Lama nach Wien kommt, machen wird. Kinkel hat ihn empfangen. Was wird Schüssel machen? – Das ist eine Frage, die noch zu besprechen sein wird. Oder wird das so ablaufen, daß man sich von China dermaßen einschüchtern läßt, daß man nicht bereit ist, den Dalai Lama zu empfangen? (Abg. Dr. Khol: Alois Mock hat ihn immer empfangen! Daher wird ihn auch der Schüssel empfangen!) Ich glaube, das wäre eine interessante Diskussion. Kinkel hat die Vorgaben gegeben, Schüssel braucht das nur nachzuvollziehen (Abg. Schieder: Aber unter dem Dalai Lama war das eher eine Feudalherrschaft als eine demokratische!)

Es ist mir klar, daß der Dalai Lama kein Repräsentant der Demokratie ist. Nur steht er für eine Position, die auch ich unterstütze, nämlich daß die Menschenrechtsverletzungen, die in Tibet begangen werden, endlich aufhören, daß nicht ununterbrochen Frauen vergewaltigt und Nonnen überfallen werden. Herr Kollege Schieder! Das möchte ich in diesem Haus nicht verteidigen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schieder: Aber man sollte das andere auch sehen, nämlich ob er für die Demokratie ist! Menschenrechte sind wichtig, aber auch die Demokratie ist wichtig!)

Amsterdam war wichtig. Bei der Regierungskonferenz von Amsterdam wurden einige Fortschritte in der Frage der EU-Struktur erzielt. Das ist keine Frage. Ich halte es jedoch für eine falsche Priorität, wenn das Amt eines Kommissärs höher bewertet wird als die Stimmgewichtung im Rat. Unsere Stimmen im Rat und die überproportionale Bedeutung, die wir dort haben, sollten eher erkämpft werden als das Amt eines Kommissärs, das – leider Gottes, muß ich sagen – schön langsam in das eines nichtamtsführenden Kommissärs umgewandelt werden wird. In Zukunft wird es nur mehr fünf bis sieben amtsführende Kommissäre geben, und die anderen werden nur zur Stimmabgabe nach Brüssel zitiert werden. Ich glaube, man sollte sich überlegen,


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