Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 98

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Meine Damen und Herren! Nach den behaupteten Äußerungen von Amsterdam erfolgte Ihrerseits zunächst eine Realitätsverweigerung, eine Ablehnung der Auseinandersetzung damit. Das haben Sie als Fehler zugegeben: das Nicht-Sprechen, das Auflegen des Telefonhörers, die zunächst erfolgte Blockade. Was dann gefolgt ist, ist jeden Tag ärger geworden.

Herr Vizekanzler! Vielleicht sehen es nur Sie nicht, aber alle in Ihrer Fraktion wissen es: Es gibt nach wie vor kein anderes Tagesgespräch in den Couloirs, bei allen Gruppen dieses Hauses. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Je mehr Sie lachen, desto mehr geben Sie all diesen Kommentatoren recht. Sie wissen es – ob es bei der Verabschiedung von Herrn Schambeck oder bei anderen Anlässen war –: Es wird nicht wirklich über etwas anderes geredet. Die Karikaturisten beschäftigen sich nach wie vor mit nichts anderem. Die Blödler vom Dienst auf Ö 3 beschäftigen sich mit kaum etwas anderem in der Früh. Und was glauben Sie, warum diese Vielzahl an Fotografen hier ist? Nicht wegen des Außenpolitischen Berichtes, wirklich nicht. Sie sind wegen dieser "Causa prima" hier, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Vizekanzler! Was nach dieser ersten Phase der Peinlichkeit gefolgt ist, das ist (Abg. Mag. Kukacka: Ihre Rede!) das staatspolitisch Schlimme, das in meinen Augen auch die Unhaltbarkeit Ihrer Amtsausübung dokumentiert: Sie begannen dann, als Sie sich darauf festgelegt hatten, daß die Journalisten, mehrere renommierte Journalisten gelogen haben, diese Affäre zu übersteigern, indem Sie von einer Intrige, von einer gemeinsam im Inland erdachten Aktion sprachen. Es handle sich also um einen gemeinsamen Entschluß mehrerer Journalisten. (Abg. Mag. Kukacka: Das stimmt ja!)

Sie gingen in einem Interview für ein Wochenmagazin noch weiter. In diesem sagten Sie, das Ziel dieses gemeinsamen Entschlusses, in aller Öffentlichkeit Lügen zu verbreiten, sei es gewesen, Ihnen zu schaden, Sie außenpolitisch zu schwächen.

Wissen Sie eigentlich, Herr Vizekanzler, was das heißt? Ist Ihnen das wirklich bewußt, daß erstmals in dieser Republik ein derartiger Vorwurf geäußert wird? Nicht, daß Sie sagen, daß Journalisten etwas falsch verstanden oder aufgebauscht haben, nein, Herr Vizekanzler, Sie sagen, es sei eine Intrige geschmiedet worden (Abg. Schwarzenberger: Das ist ja sogar bestätigt worden!), es würden Lügen verbreitet, mit dem Ziel, Sie innen- und außenpolitisch unmöglich zu machen. (Abg. Mag. Kukacka: Das wird ja niemand bestreiten können!)

Herr Abgeordneter! Manche Kommentatoren – und ich glaube, darüber sollten Sie nachdenken – sehen das anders, Richard Picker etwa, Psychotherapeut und Theologe. Er sagt in einem Gastkommentar im heutigen "Kurier", daß der Vizekanzler, bekannt für seine Eloquenz, bekannt auch für seine flotten Sprüche, irgendwo eine Grenze überschritten hat.

Mit den flotten Sprüchen, die im Trend der Zeit liegen, sei es jetzt zu Ende. Plötzlich sei es ernst geworden. "Schüssel wird" – ich zitiere – "von Journalisten samt seinen flotten Sprüchen an die Öffentlichkeit verraten. Die Gelegenheit war günstig. Flotten Sprüchen folgen flotte Flugreisen und denen flotte Leugnungen."

Jetzt ist das Ganze nicht mehr so flott, und all das, was sich jetzt ereignet, ist für den Gastkommentator eine logische Konsequenz. Ich zitiere wieder: "Wenn nun Wolfgang Schüssel folgerichtig die Journalisten der Lüge bezichtigen muß, knüpft sich das Lügennetz immer weiter fort. Es frißt am lebensnotwendigen Vertrauen einer Gesellschaft, die ohne wahrheitsgemäße Worte nicht leben kann."

Meine Damen und Herren! Diese Affäre verschwindet nicht einfach. Die Handlungsfähigkeit wird nicht einfach zurückkehren. (Abg. Mag. Kukacka: In 14 Tagen ist alles vorbei!) Eine derartige Sache kann man nicht aussitzen und durchtauchen. (Abg. Mag. Kukacka: Selbstverständlich!) Ja, es wird so sein, daß die Karikaturisten in der Zwischenzeit auch wieder andere Themen finden werden. (Abg. Schwarzenberger: Die Petrovic werden sie wieder finden!) Ja, die Blödler vom Dienst in den satirischen Medien werden sich auch wieder andere Sujets finden, aber es bleibt da, es verschwindet nicht. Man kann es nicht wegzaubern. Und es gibt – meine Damen


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