Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 111

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Es hat sich auch – auch Sie haben das gesagt – die Situation seit Ihrem letzten Versuch, eine Fristsetzung einzubringen, insofern geändert, als die Diskussionen in Amsterdam sehr wohl eine Veränderung des EU-Vertrages in Richtung einer leistungsbezogenen Bevorzugung von Frauen gebracht haben.

Aber es wundert mich, daß Sie am 11. Juli – wo doch die Session am 15. Juli aufhört – eine Fristsetzung für den 17. September bringen, nämlich für die Sitzung des Verfassungsausschusses. Sie wissen, daß die Session erst am 15. September wieder anfängt, sagen aber gleichzeitig: Es muß ausführlich, eindeutig und umfassend diskutiert und berichtet werden. – Das ist einfach physisch nicht möglich! Wir können zwar vielleicht den Kalender per Gesetz ändern, aber die Zeit läuft trotzdem davon. Daher finde ich diesen Fristsetzungsantrag überflüssig. Er bringt zwar, vielleicht ist das das Gute daran, eine Diskussion über diese Frage ins Hohe Haus, aber in der Sache ist er leider überflüssig.

Zur Sache selbst möchte ich sagen: Ich glaube, daß wir besser daran tun, aus folgendem Grund noch etwas zu warten. Auch Sie, Frau Abgeordnete Kammerlander, haben doch sicher den Brief von Herrn Kommissar Oreja bekommen, in dem dieser uns die Ergebnisse von Amsterdam mitgeteilt, gleichzeitig aber gebeten hat, zu verstehen, daß die Fassung beziehungsweise eine autorisierte Übersetzung dessen, was jetzt geändert wurde, erst im Laufe des Sommers vorliegen wird.

Das heißt, man sollte zumindest abwarten, was die autorisierte Textierung von Amsterdam enthält, und danach kann im Herbst eine ordentliche Diskussion stattfinden, so, wie Sie es gefordert haben. Dann können wir auch zu einem Beschluß kommen, und dann wäre unser Beschluß nur mehr eine Nachvollziehung jener Dinge, die in der EU ohnehin schon beschlossen wurden. Ich glaube, daß es dann auch der ÖVP sehr leicht fallen würde, jene EU-Bestimmungen, die ihr Außenminister mit beschlossen hat, in der österreichischen Verfassung zu verankern. Das ist aber mit einer Fristsetzung bis 17. September nicht zu erledigen.

So wichtig mir das Anliegen inhaltlich ist – Sie können mir glauben, inhaltlich stimme ich Ihnen hundertprozentig zu; ich bin eine "Veteranin" dieser Verfassungsbestimmung (Beifall bei der SPÖ – Abg. Dr. Nowotny: Widerspruch! Nein, "Veteranin" stimmt nicht!), jemand, der, schon bevor Sie in diesem Haus waren, sehr wohl versucht hat, etwas Derartiges einzubringen –, kann ich Ihnen bezüglich der Fristsetzung nicht zustimmen. Eine Erledigung bis 17. September wäre oberflächlich, und das tut der Sache nicht gut. Es tut mir leid, aber wir werden dieser Fristsetzung daher sicher nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sonja Moser. Ich erteile es ihr.

15.40

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zwei Tage Diskussionsfreiraum für solch ein wichtiges Thema scheint in der Tat wirklich völlig illusorisch zu sein. Allein die Frage, was Gleichheit bedeutet, würde einen wesentlich längeren Zeitraum füllen. Die griechischen Sozialphilosophen unterscheiden schon zwischen arithmetischer Gleichheit, die keinen Unterschied zwischen den Bürgern erlaubt, und sogenannter geometrischer Gleichheit, bei der dann die Unterschiede berücksichtigt werden. Nach der Herkunft bedeutet das Wort "gleich" im Deutschen ursprünglich überhaupt: denselben Körper und dieselbe Gestalt habend. Meine Damen! Das wollen wir doch ganz sicher nicht. Ich bin jedenfalls stolz, Frau zu sein (Beifall bei der ÖVP), und ich bin stolz, Mutter zu sein.

Wenn wir Frauen einem gleicheren Gleichheitsprinzip zuführen wollen, muß das wohl als ein Geständnis des einfachen Gesetzgebers und der Administration gewertet werden, es nicht geschafft zu haben, auf Basis des bewährten Gleichheitsprinzips einen gerechten Ausgleich der Interessenten, eben der Frauen, herzustellen. Dabei ist etwas nicht unproblematisch: Sosehr die grundsätzlichen Intentionen dieser Gesetzesinitiative oder dieses Antrages nachvollziehbar sind, so wenig ist die Tragweite dieses Vorhabens aus diesem Antrag erschließbar, zumal dieser Antrag einer präzisen, umfassenden Darstellung dessen, in welchem gesellschaftlichen Rege


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