Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran, daß wir zu Beginn des Vorjahres ein umfangreiches und tiefgreifendes Konsolidierungsprogramm für den Bundeshaushalt erarbeiten mußten, denn es waren in den Jahren vorher mehrere Entwicklungen zusammengetroffen, die die Budgetsituation dramatisch verschlechterten. Das waren vor allem rezessionsbedingte Einnahmenausfälle und Ausgabensteigerungen in den Jahren 1992/93, die Ausweitung des Personalaufwandes im öffentlichen Dienst, zusätzliche Familien- und Sozialleistungen, die in den Jahren 1992/93 beschlossen wurden, und erhebliche Einnahmenausfälle durch die Steuerreform 1994.
Das Budgetdefizit verdoppelte sich in den Jahren zwischen 1992 und 1995 auf rund 118 Milliarden Schilling. Hätte es keine Veränderung in der Defizitentwicklung gegeben, so wäre der budgetpolitische Handlungsspielraum völlig verlorengegangen. Die Schulden wären noch stärker angewachsen, und immer höhere Anteile der Steuereinnahmen müßten für Zinsenzahlungen aufgewendet werden.
Auch heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, muß fast jeder siebente Budgetschilling allein für die Zinsen der Staatsschulden ausgegeben werden; Budgetmittel, die ohne jeden Zweifel sinnvoller für Investitionen, für Beschäftigung, für Förderungen, für die Ausbildung oder auch im Sozialbereich verwendet werden könnten.
Das Defizit senken und die Verschuldung begrenzen sind daher nicht Selbstzweck oder etwa eine von Brüssel auferlegte Aufgabe, wie manche glauben oder behaupten. Eine vernünftige, sparsame Budgetpolitik führt nicht zu Arbeitslosigkeit, sondern sie ist im Gegenteil sogar die Voraussetzung dafür, daß Beschäftigung wirkungsvoll gesichert werden kann.
Wir sparen also nicht für den Euro, wie man oft hört, sondern in unserem ureigensten Interesse als Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Weniger Budgetgeld für Zinsen und Schulden ausgeben, aber dafür mehr Budgetgeld für Leistungen an die Bürger und die Wirtschaft haben, das ist – einfach gesagt – unser mittelfristiges Budgetziel.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Budgetpolitik ist also nicht Selbstzweck, sondern ein ganz entscheidender Faktor der österreichischen Wirtschaftspolitik. Budgetpolitik ist entscheidend bei der Beschäftigung und dann, wenn es um die Finanzierungen der Leistungen des Wohlfahrtsstaates geht.
Wir haben es in den vergangenen Jahrzehnten unleugbar geschafft, daß unsere Wirtschaft, die Produktivität, die Beschäftigung und auch die Einkommen stärker gewachsen sind als in vielen anderen vergleichbaren Ländern. Wir zählen zu den wohlhabendsten Staaten der Welt, und wir wollen, daß das so bleibt.
Unsere Vision oder unser Bild von Österreich ist das einer fairen Marktwirtschaft, einer fairen Marktwirtschaft mit sozialer Verantwortung für die Menschen und mit ökologischer Verantwortung für unsere Umwelt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine erfolgreiche Wirtschaft, leistungsfähige öffentliche Dienstleistungen, die Chance für jeden Menschen, Arbeit zu finden, eine gerechte Gesellschaft, eine intakte Umwelt und eine lebendige Demokratie sind auf breiter Basis konsensfähige Wertvorstellungen.
Faire Wettbewerbsbedingungen, niedrige Inflationsraten, Investitionen in Forschung und Entwicklung, gut ausgebildete Mitarbeiter, erstklassige Infrastruktur, weltweite Erschließung von Märkten sind Erfolgsfaktoren für unsere Zukunft. Diese Erfolgsfaktoren und diese konsensfähigen Wertvorstellungen gilt es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu unterstützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Budgetpolitik spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir können heute sagen, es ist uns gelungen, die negativen wirtschaftlichen Effekte der Budgetkonsolidierung zu minimieren und eine vorübergehende Dämpfung des Wachstums auf 1996 zu beschränken. 1997 wird der Wachstumsprozeß nicht mehr gebremst, was das Institut für Wirtschaftsforschung bereits im Frühjahr 1997 zu der Feststellung veranlaßte, die restriktive Wir