Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 84

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war: Freunde, die Ukraine hat Tschernobyl nicht gebaut. Das ist ein Erbe der Sowjetunion. Wir haben uns diesen heute immer noch strahlenden Sarkophag nicht ausgesucht. Wir sind die Opfer. 15 Milliarden Dollar betragen die Schäden, die die Ukraine zu begleichen hat. Und das bei all den notwendigen Reformen und bei einem Absinken ihres Bruttoinlandsproduktes auf 40 Prozent des Standes gegenüber der Zeit, als sie noch im alten sowjetischen Staatenverbund gewesen ist! Jährlich muß sie eine Milliarde Dollar an langfristiger Schadensbeseitigung und zum Teil für Maßnahmen zahlen, die dringend notwendig sind. Die Staatengemeinschaft – auch die G 7; ich sage das hier ganz offen – hat zwar allgemeine Beschlüsse gefaßt, aber Geld ist bisher nicht geflossen.

Daher meine ich, die Position Österreichs ist völlig klar: Wir wollen nicht nur die Schließung Tschernobyls und kein Aufsperren von zwei neuen Kernkraftwerken – das wissen sie in der ukrainischen Regierung vom Präsidenten abwärts ganz genau –, wir wollen andere, erneuerbare Energien, etwa Wasserkraftpotentiale, die es gibt, oder Einsparpotentiale, die es gerade bei der verschwenderischen Situation der alten sowjetischen Energieeinsatzplanung ja nach wie vor gibt, genützt haben. Nur müssen wir auch zugeben – wir sind nicht stark genug, um bei den G 7 aus eigener Kraft vertreten zu sein –, daß die Position der G-7-Länder natürlich diametral entgegengesetzt zu dem ist, was wir Österreicher und mit uns eine kleine Handvoll von anderen Nicht-AKW-Ländern haben wollen.

Ich meine daher: Das Signal, das wir heute aussenden – auch mit dem Entschließungsantrag, den ich vollinhaltlich unterstütze –, ist gut. Es ist ein klares Signal in Richtung Demokratie, marktwirtschaftlicher Weiterentwicklung, Schließung von Tschernobyl mit einer vernünftigen ökologischen Alternative. Ich bin daher auch wirklich dankbar, daß Sie unserer Argumentation gefolgt sind, daß die Verschiebung eigentlich den reformfeindlichen Kräften angenehmer wäre als den Reformkräften, die es sicherlich in der Ukraine auch gibt.

Letzter Punkt: Ich danke dem Abgeordneten Spindelegger, daß er den wahrhaft historischen Erfolg, der gestern in Oslo mit der Anti-Minen-Konferenz erreicht wurde, erwähnt hat. Ich möchte hier betonen: Das ist wirklich ein österreichischer Erfolg, und zwar – ich darf auch das wiederum sagen – ein gemeinsamer. Wir haben in dieser Frage wie die Löwen gekämpft und haben am Ende auch gesiegt. Das war überhaupt nicht selbstverständlich. Wer sich einige Monate zurückerinnert, der weiß, daß es nicht sicher gewesen ist, ob wir die Oslo-Konferenz zu einem Erfolg machen können und ob beispielsweise Anfang Dezember in Ottawa dieser Vertrag unterzeichnet werden kann. Und ich weiß, daß natürlich auch heute wichtige Mitspieler nicht dabei oder nur als Beobachter dabei waren. So etwa waren die Chinesen, die Inder, die Pakistani, die Russen nur als Beobachter anwesend. Selbst zwei EU-Mitgliedsländer waren – leider! – nicht als Vollmitglieder vertreten.

Die Amerikaner haben – das sei zumindest positiv erwähnt – an der Konferenz teilgenommen, und es hat in den letzten Tagen ein sehr schwieriges und intensives Lobbying gegeben. Die Amerikaner haben uns sehr ernst genommen, gerade uns Österreicher, weil sie ja auch genau wissen, wer die treibenden Kräfte hinter dieser Anti-Personen-Minen-Vertragskonferenz gewesen sind – das waren die Südafrikaner, die Kanadier, wir und sicherlich auch die Norweger –, und es hat bis in die letzten Tage hinein auf höchster Ebene persönliche Gespräche, Telefonate gegeben. Ich selbst habe mit Madeleine Albright telefoniert, die natürlich auch mit allen Mitteln versucht hat, noch einen Aufschub zu erreichen. Wir haben dem stattgegeben – 24 Stunden – mit der Bitte, daß die USA solche Kompromißvorschläge machen möge, die tatsächlich die Substanz des Vertrages unter Einschluß der Amerikaner wahren. Leider haben die Kräfte im Senat – ich spreche es hier ganz offen aus – gesiegt, die die Reformbemühungen, gerade auch jene von Madeleine Albright, eher behindert haben, und am Ende konnten wir die Amerikaner nicht an Bord bringen. Aber immerhin ein großer Erfolg: Die Amerikaner haben öffentlich erklärt, sie treten für ein Anti-Personen-Minen-Verbot ein. Sie sind bereit, im Rahmen der Abrüstungsverhandlungen zusätzliche Vorschläge zu machen, um auch andere, die jetzt beim APM-Verbot noch nicht dabei sind, mit hereinzubringen.

Und das Spiel ist noch nicht zu Ende. Ich bin ganz überzeugt davon, daß es nicht lange dauern wird, bis auch in den Vereinigten Staaten die öffentliche Meinung sich drehen wird und jene


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