Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 178

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Staatsbürgerschaft bekommen, die Deutsch in Wort und Schrift beherrschen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Gredler vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.20

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst auf das Kapitel der Jugendkriminalität beziehen – ein leidiges Kapitel insofern, als leider Gottes die Anzahl der Delikte in diesem Bereich gestiegen ist. Interessant ist es, sich zu überlegen, warum eigentlich in einer Zeit, in der Jugendarbeitslosigkeit herrscht, in der Lehrplatzmangel herrscht, die Jugendkriminalität steigt. Ich weiß von der Europäischen Union, daß es ein spezielles Programm dagegen gibt, weil man herausgefunden hat, daß man gerade in der Zeit, in der man einerseits die Schule abgeschlossen hat und auf der anderen Seite keinen Job findet, am anfälligsten überhaupt ist, um auf den falschen Weg zu geraten. Deshalb, glaube ich, wäre es wirklich positiv, wenn sich im Sinne der Reduzierung der Jugendkriminalität einiges bewegen ließe.

Wir haben von den Lehrplätzen gesprochen. Wir Liberale stellen uns andere Möglichkeiten der Ausbildung vor.

Ein Ereignis hat mich im Sommer sehr schockiert, und ich habe mir gedacht, da müssen wir dringend etwas tun. Ich bin daher sehr froh, Herr Justizminister, daß Sie jetzt hier sind. Es wurde ein Kind zu Tode gequält, und derjenige, der es gequält hat, wurde angeklagt und mit nur fünf Jahren Gefängnis bestraft. – Ich halte das fast für eine "Okkasion", muß ich sagen, daß man nur fünf Jahre hinter Gitter gehen muß, wenn man ein Kind quält! Das ist ein derartiges Mißverhältnis, daß ich mir denke, da besteht dringender Reformbedarf. Wenn man Menschen, die sich gar nicht schützen können – und das sind nun einmal die kleinen Stöpsel von drei, vier Jahren –, in siedendes Wasser taucht oder ihnen den Schädel frakturiert und dann mit einem "Diskontpreis" von fünf Jahren eingesperrt werden kann, dann ist das ein absolut unhaltbarer Zustand! Möglicherweise bringt das diesen Menschen auch gar nicht zur Raison. Ich glaube, da ist auf jeden Fall Reformbedarf gegeben.

Ein weiterer Bereich, der mich als Medizinerin, ehrlich gesagt, auch ziemlich irritiert hat, ist der Bereich der Flugrettung. Von den zehn für Rettungsaufgaben eingesetzten Hubschraubern dürfen gemäß EU-Verordnung 01/04/1988 sechs nicht mehr fliegen, da sie einmotorig sind. Es wird bis 1999 dauern, bis entsprechende Ersatzgeräte ausgeliefert werden können. Meine Frage lautet: Wie wird die Zeit bis dahin überbrückt, wenn sechs von zehn Rettungshubschraubern fehlen? Wie wird man jene Personen, die in Not geraten sind, für die man das Problem nicht politisch, sondern sofort lösen muß, retten? Im Sommer gab es durch die Alpinunfälle einen steigenden Bedarf. Ich hoffe, daß wir in diesem Bereich in der Zwischenzeit doch einiges erreichen können beziehungsweise auch private Unternehmen besser unterstützen können.

Jetzt zum Thema Schengen, weil mein Kollege von der grünen Fraktion, Herr Anschober, gesagt hat, es ist eigentlich nicht Gegenstand der Debatte. Es ist sehr wohl Gegenstand der Debatte, weil es hier auch erwähnt worden ist. Ich möchte Ihnen einen Bericht von Frau Anne Van Lancker vom 22. Jänner 1997, vorgetragen im Europäischen Parlament, zur Kenntnis bringen. Diese Frau Anne Van Lancker ist Abgeordnete der SPD, wenn ich das richtig im Kopf habe, und hat in ihrem Bericht geschrieben, und das wurde vom Europäischen Parlament auch verabschiedet: Sie bedauert, daß das Schengener Übereinkommen durch die starke Betonung der Politik zur Einschränkung der Einwanderung und Wahrung der öffentlichen Ordnung ein Ungleichgewicht geschaffen habe. Sie kritisiert den Mangel an Transparenz und demokratischer Kontrolle bezüglich des Schengener Übereinkommens und weist darauf hin, daß die Überwachung seiner Durchführung und der Rechtsschutz der Bürger nicht angemessen sind.

Ich weiß schon, daß sich seit dem Vertrag von Amsterdam ein wenig geändert hat, und zwar daß der Europäische Gerichtshof jetzt eine Zugriffsmöglichkeit hat. Doch was wir nicht haben, ist, daß von seiten des Parlaments eine Zugriffsmöglichkeit besteht. Weder vom Europäischen


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