Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 230

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23.27

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich jetzt das Wort ergreife. Ich bin seit heuer Mitglied der Bundesheer-Beschwerdekommission und halte es für eine äußerst interessante Aufgabe, dort als Abgeordnete mit drei Personen im Präsidium, denen ich jetzt danken möchte, zusammenarbeiten zu dürfen.

Die Bundesheer-Beschwerdekommission ist wirklich bemüht, sehr fair vorzugehen. Das ist eine der Erkenntnisse, die ich, ohne dies zu erwarten, gewonnen habe. Sehr fair mit den Beschwerden und insbesondere rücksichtsvoller mit den Grundwehrdienern umzugehen, das war mein Anliegen, als ich in die Kommission eintrat. Ich muß sagen, daß meine Erwartungen übertroffen worden sind. Es ist wirklich so, daß man Beschwerden, von wem sie auch kommen mögen, sehr ernst nimmt, sehr fair diskutiert und ebenso behandelt.

Die Beschwerden handeln oft von baulichen Mängeln in Kasernen und Mängeln in der ärztlichen Betreuung, von Belangen des Stellungswesens, unzureichender Ausstattung mit Bekleidung, unerlaubten oder schikanösen Ausbildungsmethoden, Mißständen bei Truppen- und Kaderübungen oder Mißständen und Mängeln im Verlauf von Auslandseinsätzen. Das haben wir vor kurzem neuerlich gemerkt, als wir zwei Todesfälle zu beklagen hatten.

Zu den mangelnden Kenntnissen der Ausbildner über die Ausbildungsvorschriften möchte ich etwas als Medizinerin sagen. Es hat zum Beispiel den Fall eines Grundwehrdieners gegeben, der in Ohnmacht fiel. Sofort "erkannte" der Ausbildner, daß dieser Wehrdiener ein Simulant sei – scheinbar im Besitz einer Gabe, die ich mir als Medizinerin nur wünschen könnte. Wenn ich jemanden sehe, der in Ohnmacht fällt, kann ich nicht sofort differenzieren, ob es sich um eine Simulation handelt, um ein diabetisches Ereignis, um eine epileptische Absence oder etwas anderes. Es gibt eine Fülle von Ereignissen, die man da in Betracht ziehen muß.

Aber nein, dieser Ausbildner "erkannte" sofort, daß das eine Simulation war, und er hauchte diesem Menschen – nach einer gewissen Wartezeit offenbar – wieder Leben ein, indem er ihm befahl, habtacht zu stehen. Weil aber der Wehrdiener nicht korrekt habtacht stehen konnte, sondern ihm wieder schlecht wurde und er neuerlich umfiel, wurde er daraufhin bestraft. Ein wirklich besonderes Ereignis, das muß ich sagen! Allerdings denke ich mir angesichts dessen, daß das Ausbildungspersonal vielleicht wirklich in medizinischen Belangen und Erster Hilfe nachgeschult werden müßte. Denn daß sich manche beim Militär Fähigkeiten zuschreiben, die ich mir als Medizinerin nicht zutraue, ist vielleicht doch als ein Zeichen der Überschätzung zu werten.

Ich muß leider feststellen, daß die Bundesheer-Beschwerdekommission nicht wirklich adäquat ausgerüstet ist. 2 000 Anrufe zu bekommen, wenn man nur eine Telefonleitung zur Verfügung hat, grenzt bereits an ein Weltwunder, da diese Telefonleitung grundsätzlich immer besetzt ist, und das wiederum überrascht nicht, da es eben nur eine gibt. Ich hoffe, daß man dann, wenn es ungefähr fünf bis zehn Leitungen sein werden, dem Anspruch gerecht werden kann, der an diese Kommission gestellt wird. Dort sind sehr gute Mitarbeiter tätig, die gewohnt sind, rasch zu reagieren, und zwar so überraschend rasch, daß ich nicht jede ihrer Maßnahmen begleiten kann, wenn sie zur Überprüfung schreiten. Denn wenn das, wie es oftmals der Fall ist, von heute auf morgen geschieht, komme ich mit meinen anderen Tätigkeiten sozusagen ein bißchen übers Kreuz.

Zur Sprache bringen möchte ich weiters das Verfahren zur Auswahl der Personen für den Auslandseinsatz. Es erscheint notwendig, das besonders hervorzukehren, weil es damit in letzter Zeit offensichtlich Probleme gibt. Man findet niemanden mit adäquater Ausbildung, nimmt daher auch solche Personen, die schon über Beschwerden auffällig geworden sind, und belohnt diese dadurch, daß man die Anstellung auf ihrem Posten verlängert.

Ich glaube, daß man sich hinsichtlich des österreichischen Bundesheeres grundsätzlich überlegen müßte, ob man jedem Ruf nach Auslandseinsatz gerecht werden kann, wenn man dazu das Personal nicht mehr hat, oder aber auf der anderen Seite in der Reserve vielleicht adäquates


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