Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 34

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Aber Herr Sichrovsky vergleicht das ganze Problem Kunst und Kultur mit einem Problem zwischen Sportler und Sponsor. Also kurz und gut, Isostar, Nike und so weiter ist auf der Ebene anzusetzen, wie das Herr Sichrovsky gemacht hat.

Das beschreibt die Ideologie, die dahinter ist, und es beschreibt auch die Wortkreation, die von Ihnen gekommen ist, nicht von Staatssekretär Wittmann, mit dem Begriff "Staatskünstler". Antonio Fians hat in einem "Standard"-Beitrag sehr ironisch geschrieben: Ein "Staatskünstler" wird beschrieben als ein Mensch, der eine böse Politik im Auftrag von deren Betreibern und gegen gute Bezahlung ästhetisch verklärt und vor einem Massenpublikum rechtfertigt. – Das ist eine Definition, mit der ich etwas anfangen kann.

Aber wo sehen Sie die Staatskünstler herumrennen, die dann die böse Regierungspolitik ästhetisch verklären und vor einem Massenpublikum darstellen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) – Aber Sie haben dieses Wort erfunden, weil Sie nämlich in Ihren Plakataktionen – Ausdruck der Illiberalität – "Staatskünstler" nennen, solche Künstler, die nicht hurra schreien, wenn Herr Jörg Haider irgendwo auftritt, und die nicht ununterbrochen Deklarationen verfassen, damit Jörg Haider endlich Bundeskanzler und Krüger Kulturminister wird. – Schreck, laß nach, es macht mich schon ganz schwach, wenn ich nur daran denke. (Abg. Dr. Krüger: Setz dich wieder hin, wenn du schon so schwach bist!)

Daher sollten Sie ein bisserl ehrlicher auftreten, und die geschätzten Nachredner sollten das auch machen und sollten sich dazu äußern. Was verstehen Sie wirklich unter Staatskünstler? – Sagen Sie das endlich! Dahinter steht auch wiederum ein gewisses Maß an Ideologie. Schön bringt das Lissmann. Würde man nämlich der Argumentationsfolge der Freiheitlichen nachgehen, dann hätte es die ganzen "miesen Staatskünstler" wie Michelangelo, Leonardo da Vinci, Tizian, Goethe und Wagner gar nicht gegeben. Diese sind dann alle gewissenlose Staatskünstler. Überhaupt dieser Michelangelo mit dieser "widerlichen" Sixtinischen Kapelle, mit diesem Ausdruck von Schmarotzertum und Opportunismus, der sich in diesen "häßlichen" Fresken, in diesen "kriecherischen" Fresken darstellt, die man dort betrachten kann. Gott sei Dank bröckeln die Farben schon herunter, leider hat man es renoviert, wahrscheinlich wieder mit Steuergeldern. Es ist zum Kotzen, man kann sich auf nichts mehr verlassen. – Das ist in etwa Ihre Geisteshaltung, die da herauskommt.

Kein Beichtstuhl der Welt wird diese Beichte ertragen können, ohne daß er sofort auseinanderbricht, falls Sie einmal den Weg der Läuterung einschlagen sollten.

Letzter Punkt: Entpolitisierung der Kultur. Dann bin ich schon fertig. Meine Ausführungen sind sicher wieder zu lang. (Abg. Dr. Khol: Nein, nein! Bitte mehr!) – Mehr, danke! Auf das habe ich ja gewartet.

Zur Entpolitisierung der Kultur. Im Hintergrund schwingt etwas ganz anderes mit. Entpolitisierung der Kultur, Entstaatlichung, das gehört irgendwo in dieses ideologische Programm hinein, das da lautet: All diejenigen, die aus politischen Strömungen, Bewegungen und Geisteshaltungen kommen, die nicht aus Ihrem blauen Stall stammen, werden subsumiert unter dem Motto: Diese muß man "wegentpolitisieren". Sie haben hier nichts verloren, sie stören in Wirklichkeit die Vielfalt, die Qualität, die Kunstautonomie, den demokratischen Zugang, lauter Dinge, die man ohnehin nicht braucht. Dann werden nur mehr die Sponsoren, Herr Oetker, Herr Nestlé und wie all diese Leute heißen, zu entscheiden haben.

Dagegen kann ich nur ganz massiv auftreten. Ich finde, daß der Staat eine wichtige Aufgabe hat. Er soll nicht bevormunden. Wir haben ein Beiratssystem eingeführt, um eventuelle kritisierte Einflußnahmen der Politik zu hintertreiben. Er soll nicht bevormunden, aber er hat eine ganz wichtige Aufgabe: Er hat dafür zu sorgen, daß er nicht nur, wie Herr Sichrovsky sagt, für die Konsumenten da ist, sondern vor allem auch für die Künstler, damit sie eine repressionsfreie, freie Atmosphäre vorfinden, um kreativ wirken zu können, damit sie eine gewisse soziale Absicherung haben. (Beifall bei der SPÖ.) Das halte ich für ganz entscheidend, auch für ein demokratisches, kulturell-liberales Klima. Und das werden wir uns nicht zerstören lassen!


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