Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 41

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Christoph Ransmayr. Obwohl sein erster Roman "Die Schrecken des Eises und der Finsternis", verlegt bei einem österreichischen Verlag, im deutschen "Spiegel" enthusiastisch gefeiert wurde, blieb die Zahl der verkauften Exemplare lange Jahre unter der 5 000-Stück-Marke. Von Ransmayrs zweitem Buch, erschienen in einem deutschen und nicht sehr kapitalkräftigen Verlag, wurden binnen weniger Monate mehr als 100 000 Exemplare verkauft.

Ich meine damit, allmählich erreichen wir auf dem kulturellen Feld den Status, den Dritte-Welt-Länder haben. Wir exportieren den Rohstoff – in diesem Fall unsere Schriftsteller; wir können das ergänzen mit Musikern, Filmemachern und so weiter – für wenig Geld und kaufen das fertige Produkt – das Buch – teuer zurück. Das heißt im Klartext, wir müssen endlich weg von den schwerfälligen zentralistischen Apparaten, die unser Kulturleben dominieren, weg von den Gschaftlhubern hin zu den beweglichen Einheiten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter. )

Projektorientierte Flexibilisierung ist auch im Kulturleben Thema Nummer 1. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wer hindert Sie?) Organisatorische Einheiten müssen ihren selbstzweckhaften Charakter endlich verlieren und auf das Ziel zugeschnitten werden. Bürokratie – und zwar jede Form von Bürokratie – bedeutet Unfreiheit und Entmündigung für Künstler und Rezipienten. Man muß sich regelmäßig genau überlegen, in welchem Fall mündige Bürger ihre Künstler an bürokratische Apparate delegieren. Kultur ist Sache der Bürger und nicht der Apparate! (Beifall bei der ÖVP.)

Entmündigend ist auch die Dominanz des von mir schon angesprochenen Kulturbegriffs von Rudolf Scholten. Kunst ist mehr als hochelaborierte Gesellschaftskritik! In ihr wirken in künstlerisch verdichteter Form genauso Leidenschaften, Wahnsinn, Obsessionen, aber auch der schlichte Wunsch, einfach zu lachen. Wir wissen heute aus zahlreichen internationalen Erfahrungen, daß Kunst und Kultur marktfähiger sind, als wir das in Österreich glauben. Manches, was bei uns nur mühsam mit Subventionen am Leben erhalten wird – ich nenne zum Beispiel das Musical –, erweist sich im Ausland als Gewinnträger ersten Ranges. Der Staat – auch wenn er mit kompetenten Organen besetzt ist, und ich bezweifle das gar nicht – hat einfach nicht die notwendige Sensibilität für Kunst, Kultur und Kunstmarkt. Gleichzeitig verhindert er dadurch aber auch, daß diese Sensibilität aufkommt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich noch zwei Beispiele erwähnen: Woody Allens neuer Film "Alle sagen: I love you" läuft meines Wissens in drei Wiener Kinos, aber er rennt auch im ÖFI – und das ÖFI ist, wie wir wissen, eine subventionierte Anstalt. Das ist in Ordnung so als ÖFI, aber daß es ein Kino subventioniert betreibt, das hat sich Woody Allen nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt – Francesca Habsburg: Ein solches Projekt mit öffentlichen Mitteln zu fördern, ist der ... (Abg. Dr. Cap: Das sagen Sie in Richtung ÖVP!) Ich sage es ja! Bitte, er hat mitbezahlt. Gut! Das ist auch nicht das Problem, das soll auch nicht das Problem sein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Francesca Habsburg in Salzburg ist der nackte Irrsinn, das ist Geld aus öffentlichen Mitteln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Liberalen Forums sowie der Grünen.)

Es ist aberwitzig! Der Begriff "Sponsoring" ist für diese Frau wie geschaffen, maßgeschneidert!

Das heißt: Ein Projekt, das in dieser Dimension läuft, war, auch wenn das österreichische Sponsoring-Gesetz Nachteile haben sollte, für Francesca Habsburg ideal. Sponsoren mit diesem Namen von Thyssen bis zu einer Wäscherei gibt es in Hülle und Fülle.

Kommen wir zum Film. – Der Film ist für die österreichische Kunstförderung ein neues Medium: Es ist erst 100 Jahre alt. (Heiterkeit.) Das hat grundsätzlich den Vorteil, daß die Fixkosten der Administration noch keine Chance hatten, sich auf das landesweit übliche Niveau einzupendeln. Im Gegensatz zum Theater sind die Fixkosten beim Film noch geringer als die Produktionskosten.

Der Film als Software ist die ideale Plattform für den von mir schon angesprochenen Ideentransfer, Imagetransfer und ähnliches mehr über Kino, TV, CD-ROM und alle Medien, die in Zukunft


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