Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 52

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Aber eines sage ich an die Adresse der Freiheitlichen und des Kollegen Schweitzer im besonderen: Sich in dieser Art mit der "Wiener Gruppe" auseinanderzusetzen (Abg. Jung: Schon die Bezeichnung "Wiener Gruppe" ist eine Schande!) , auch mit dem Aktionismus im besonderen, das ist wirklich sehr, sehr primitiv. (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage das auch deswegen – ich muß meine Kritik an dieser österreichischen Präsentation relativieren –, weil ich im Ausland und bei den Biennale-Besuchern (Abg. Haigermoser: Namens Öllinger!) , die ich studiert habe, weil ich diesen Pavillon ja länger frequentiert habe, feststellen konnte, daß der österreichische Beitrag, vor allem von italienischer Seite, durchaus beachtet wurde. Denn dort wird der Aktionismus, dort werden die Arbeiten der "Wiener Gruppe" goutiert. Das ist ja auch nicht nur Aktionismus, denn wenn man diesen Katalog liest, weiß man, daß es nicht nur um den Wiener Aktionismus geht, sondern daß da sehr viel mehr dahinter ist in dieser "Wiener Gruppe" als nur der Aktionismus. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das weiß man doch, wenn man diesen Katalog studiert. Man kann sich doch nicht hier herausstellen und ein paar Bilder präsentieren und daraus ableiten, daß die Art und Weise, wie der österreichische Beitrag bei der Biennale gestaltet war, pornographisch war. Das ist doch dumm! Das ist doch wirklich primitiv, sich in dieser Art und Weise mit österreichischer Gegenwartskunst auseinanderzusetzen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Was Sie sagen, ist präpotent!) Ich halte die Art dieser Debatte für wirklich beschämend! (Abg. Haigermoser: Oberpräpotent!) Man kann doch heute nicht mehr hergehen und Kunst diskutieren nach dem Kanon des 17. oder 18. Jahrhunderts. (Abg. Haigermoser: Ein Linksextremist wie Sie braucht uns überhaupt nicht zu belehren!) Ja auch du mit deiner Kaufmanns- und Krämerseele, Kollege Haigermoser, bist wahrscheinlich fehl am Platz, eine geeignete und qualifizierte Aussage über Kunst in Österreich zu treffen. Die Krämerseele alleine wird nicht dazu geeignet sein, hier einen entsprechenden Beitrag zu leisten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Linkslinksextremist!)

Ich glaube, es braucht mehr. Es braucht die Bereitschaft, sich mit Gegenwartskunst, mit moderner Kunst auseinandersetzen. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn diese Bereitschaft nicht gegeben ist, weil klar erkennbar ist, weil man sieht, daß eigentlich nur Erregung produziert werden soll, daß nur Vorurteile provoziert werden sollen, dann muß man sich erstens fragen: Wo liegt die Provokation? (Abg. Haigermoser: Bei Ihnen! Sie sind der Oberprovokateur!) – Sie liegt auf der Seite der Freiheitlichen.

Zweitens muß man sich fragen, ob die Art der Debatte, wie die Freiheitlichen sie führen, auch geeignet ist, einen sinnvollen und wertvollen Beitrag zur Diskussion über Gegenwartskunst zu leisten. Ich muß nach dem, was ich bisher gehört habe, sagen: Das ist nicht der Fall! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie verstehen von gar nichts etwas! Weder von der Kunst noch von sonst etwas! – Abg. Schwemlein: Kennst du den Katalog, den die Freiheitlichen bei der nächsten Biennale im Bärental präsentieren werden? – Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Sie haben Oberprivilegien, Kollege Schwemlein!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, damit könnte man das Kapitel "Freiheitliche Kunst- und Kulturpolitik" abschließen. (Beifall bei den Grünen.) Ich halte es wirklich für beschämend, und ich kann Kollegin Brinek nur voll unterstützten in ihrem Bild von der Schlüssellochpolitik, die da betrieben wurde und wird. Es ist doch wirklich fatal, wenn man einen Katalog hernimmt, hier vom Rednerpult aus sagt: Das ist pfui! Schaut euch diese Bilder an! Erschreckend provokativ! (Abg. Madl: Das stimmt ja!) , und sich dann nach hinten stellt und sich ganz genüßlich die Bilder und alles, was in diesem Katalog ist, noch einmal zu Gemüte führt – selbstverständlich unter furchtbarer Entrüstung, wie ich sie in den Reihen der Freiheitlichen jetzt bemerken konnte. (Abg. Jung: Wie der Schelm denkt, so ist er! – Abg. Haigermoser: Steigen Sie aus dem Schafspelz heraus!)

Meine Damen und Herren! Das Thema meiner Wortmeldung ist aber eigentlich nicht die Kunst. (Abg. Haigermoser: Wählen Sie ein anderes Kleid! Da nützt auch die Krawatte nichts! Gehen Sie aus dem Schafspelz heraus!) Ich glaube, die Politik sollte in ihrer Auseinandersetzung mit moderner Kunst etwas zurückhaltender sein, sollte der Kunst in diesem Land den Rücken


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