Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 83

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr, die von ihrem Platz aus sprechen wird. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.11

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mir heute meine "Sportveranstaltung" in diesem Haus ersparen, ich brauche nämlich nicht die Rampe hinunterzufahren. Ich danke, daß ich heute von diesem Platz aus sprechen darf.

Im gesamten Sportbericht – und das ist meiner Ansicht nach schon sehr bezeichnend – werden nicht einmal in einem Satz die Aktivitäten des Behindertensports erwähnt. Genauso wie die Aktivitäten des Behindertensports nicht erwähnt sind, genauso beschämend und spärlich sind die Förderungen für den Behindertensport.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie wissen, daß lediglich 1 Prozent der gesamten Bundes-Sportförderung an den österreichischen Behindertensport geht, dann, glaube ich, können Sie auch klar für sich feststellen, wie wenig Bedeutung diesem meiner Ansicht nach sehr wichtigen Sport zugemessen wird.

So umstritten der Behindertensport auch in manchen Bereichen ist – ob er nun gesundheitsfördernd oder gesundheitsschädlich ist oder ob man als behinderter Mensch zusätzlich auch noch Sport betreiben soll –: Wissenschaftliche Ergebnisse zeigen, daß der Behindertensport behinderte Menschen in ihrer Gesundheit fördert und nicht schädigt.

Nicht nur, daß der Behindertensport gesundheitsfördernd ist: Er stellt auch eine wichtige psychische Komponente für Menschen dar, die plötzlich aus dem Alltag hinausgedrängt werden und neu anfangen müssen. Der Sport bietet in diesem Bereich sehr, sehr viele Möglichkeiten, um wieder aktiv am Leben teilnehmen zu können. Ich glaube, dementsprechend sind auch die Leistungen unserer österreichischen Behindertensportler zu bewerten.

Wenn Sie wissen, daß wir in Österreich in der Zeit von 1945 bis heute in Summe eine größere Menge an Medaillen im sogenannten Behindertensport für Österreich erwerben konnten, als österreichische nichtbehinderte Sportler bei Olympischen Spielen nach Hause bringen, und daß dieser Umstand nicht einmal einer Erwähnung wert gefunden wird, dann wissen Sie auch, wie stiefmütterlich der Behindertensport in Österreich behandelt wird.

Dem Behindertensport wird in Österreich ein solch untergeordneter Stellenwert eingeräumt, daß, wenn Olympische Spiele stattfinden, die Organisationen betteln gehen müssen – bei Privatpersonen, bei kleinen Firmen –, um zumindest einen einheitlichen Trainingsanzug finanzieren zu können, weil nicht einmal sichergestellt ist, daß unsere Mannschaft in einer einheitlichen Bekleidung auftreten kann. Das ist auch sehr bezeichnend.

Ich werde nach Schluß dieser Sitzung zu einer internationalen Behinderten-Sportveranstaltung fahren. Mir ist es wichtig, dort zu sein, aber nicht, weil ich den Sport unbedingt mit meiner optischen Anwesenheit unterstützen möchte, sondern mir geht es um die Anliegen des Behindertensports und um die Sicherstellung seiner Finanzierung.

Herr Staatssekretär Wittmann! Ich glaube, Sie wissen, daß es seit August die Verfassungsbestimmung gibt, die besagt, daß Bund, Länder und Gemeinden sicherstellen müssen, daß behinderte Menschen gegenüber nichtbehinderten Menschen gleichgestellt werden müssen. Das heißt, die Gleichstellung muß sichergestellt werden. Gleichstellung heißt auch, daß der Bereich Behindertensport in das Bundes-Sportförderungsgesetz aufgenommen werden muß, daß der Behindertensport jährlich einen klaren Betrag zugewiesen bekommen muß – und daß nicht


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