Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 142

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sind, und Auflösungen, die der Lehrling vornimmt, in etwa die Waage. Damit ist auch der Beweis erbracht, daß derzeit Möglichkeiten durch das Gesetz gegeben sind, Auflösungen auch während der Lehrzeit oder in der Probezeit vorzunehmen.

Vorarlberg: 11 Prozent Auflösungsquote, davon von 768 Auflösungen in einem Jahr: 134 in der Probezeit, 160 im Einvernehmen, 144 durch den Betrieb und 330 durch die Lehrlinge selbst, die erkannt haben, daß sie lieber etwas anderes machen möchten.

Wien: 17,2 Prozent Auflösungsquote, davon 33 Prozent, also ein Drittel der Auflösungen, in der Probezeit. Es zeigt sich also: Es besteht genug Spielraum, zu erkennen, ob es weitergehen oder ob man aufhören soll.

Ich glaube daher, daß die Probezeit derzeit ausreicht. Wir haben keinen besonderen Handlungsbedarf.

Es gibt aber auch Fälle, die uns manchmal ein bißchen Sorge bereiten. Einen davon möchte ich Ihnen kurz schildern: Es wurde eine sogenannte "Sonderprobezeit" vereinbart. Ein Mädchen sucht eine Friseurlehrstelle in Wien, findet einen Lehrbetrieb in der Inneren Stadt, und die Chefin sagt: Du kannst am 5. August dieses Jahres beginnen. Sie freut sich, sie hat ihr Problem gelöst, schließt die Schule ab und möchte im Monat vor dem 5. August noch ihre letzten Ferien machen. Da erhält sie einen Anruf des Betriebes: Wir brauchen dich eigentlich sofort. Hast du Zeit? Bist du da? Willst du nicht schon vorher ein bißchen aushelfen und mitarbeiten? – Das Mädchen sagt: Ja natürlich, warum nicht? Wie oft braucht ihr mich? Man einigt sich auf dreimal in der Woche.

Sie absolviert diese dreimalige Arbeit pro Woche. Einen Tag oder zwei Tage vor dem 5. August teilt die Chefin dem Mädchen jedoch mit: Ich habe es mir überlegt, ich brauche eigentlich gar keinen Lehrling. Und damit ist die Sache erledigt. Das Mädchen steht jetzt da, geht aufs Arbeitsamt und hört dort unter Umständen noch den Vorwurf: Jetzt kommst du erst? Hast du das nicht früher gewußt? Auf die Frage nach der Bezahlung dieser Schnupperzeit heißt es: Da gibt es keine. Es wurden dir ohnehin zweimal gratis die Haare gewaschen und geschnitten! Solche Fälle sind jetzt auch bei Gericht anhängig. (Abg. Dr. Trinkl: Was ist das für ein Niveau! Das sind doch Einzelfälle! Wo bleibt die Sachlichkeit? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das sind Fälle, von denen wir hören, keine Einzelfälle – ich bemühe mich wirklich um Sachlichkeit! –, und diese erschweren die Diskussion immer wieder. Wenn Sie es für nicht sachlich halten, sehr verehrte Kollegen, wenn man hier auch Fälle aufzeigt, die sich tatsächlich und nachweislich ereignen, dann frage ich mich, welchen Sinn die Diskussion für Sie überhaupt hat! Ich glaube, wir sollen uns gegenseitig Fälle aufzeigen, und wir haben heute auch mit Frau Kollegin Tichy-Schreder schwierige Fragen, zwar noch nicht endgültig, aber jedenfalls gemeinsam diskutiert. Es war auch zulässig, daß Ihre Fraktionskollegin in der Diskussion Einzelfälle genannt hat, um zu beweisen und zu dokumentieren, wie schwierig manchmal das Finden einer eigenen Haltung bei der Problemlösung ist. Ich verstehe Ihr Lachen in dieser Frage nicht! (Zwischenruf des Abg. Kopf. ) Ich bitte Sie wirklich, die Sachlichkeit nach Möglichkeit beizubehalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte nun noch einige Worte zum dritten Antrag sagen. Die Behaltezeit betrug drei Monate, derzeit beträgt sie vier Monate, wie wir wissen, und ich glaube, die Verlängerung seinerzeit war richtig. Ich habe ein bißchen im Protokoll der damaligen Diskussion geblättert: Als 1978 das Berufsausbildungsgesetz entsprechend novelliert wurde, gab es einige Wortmeldungen von Abgeordneten verschiedener Fraktionen zu diesem Thema, die die Verlängerung der Behaltezeit und damit die größere Arbeitsplatzsicherheit für den jungen ausgelernten Menschen sehr positiv dargestellt haben. Unter anderem hat das damals auch Kollege Höchtl ausdrücklich positiv gesehen.

Ich glaube daher, daß man über alle Vorschläge diskutieren sollte. Ich möchte noch ein Beispiel bringen, um zu beweisen, daß man manchmal auch mit Vorschlägen, denen man nähertritt, sichtlich nicht den Erfolg zustande bringt, den man sich wünscht: Ein großer Wunsch der Wirtschaft in der vergangenen Zeit, insbesondere in Wien, war es, den Blockunterricht anstelle


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