Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 39

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16.28

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Was wir heute erleben, ist ein Aufguß des 18. Februar 1997. Am 18. Februar 1997 gab es eine Sondersitzung des Nationalrates zum Thema "Beschäftigung und Arbeitslosigkeit". Seither ist die Arbeitslosigkeit in Österreich bedauerlicherweise gestiegen. Während die einen alles in Grund und Boden verdammen, jubeln es die anderen in den Himmel. Ich frage mich nur, was das den arbeitslosen Menschen in diesem Land hilft. Ich frage mich wirklich, ob wir, die Politiker, die Entscheidungsträger dieses Landes, nicht darüber nachdenken sollten, ob wir vielleicht bei den Rahmenbedingungen des Wirtschaftens, die wir in Österreich gesetzt haben, etwas falsch gemacht haben.

Es hilft nichts, wenn die Grünen am Freitag, den 26. September 1997, in ihren Linzer Ermutigungen wieder einen tiefen Rückgriff in die Vergangenheit machten, wozu sogar der "Standard" schrieb, daß in dem Gemurmel der Menge die Bemerkung "Lauter Kommunisten!" stets präsent war. Das kann doch nicht die Antwort darauf sein, worum es gerade heute hier wieder geht, nämlich auf Fragen der Beschäftigung. (Zwischenruf des Abg. Anschober. ) Das ist ein Zitat vom "Standard", das ich Ihnen hier wiedergebe. Ich war leider bei der Veranstaltung nicht dabei, aber die Frau Petrovic und der Herr Anschober müssen ja wissen, was dort gesagt wurde.

Fest steht, daß die Beschäftigungswunderjahre vorbei sind. Und eines, Herr Bundeskanzler, ist ganz spannend: daß die Budgetdefizite und die Arbeitslosigkeit im Gleichklang gestiegen sind. Das heißt, je höher die Budgetdefizite waren, die angeblich die Arbeitslosigkeit verringern sollten, umso höher ist die Arbeitslosigkeit selbst geworden. Sie haben es zu verantworten, unter – wenn ich richtig zähle – sieben sozialdemokratischen Finanzministern, daß allein die Finanzschuld des Bundes von 47 Milliarden Schilling im Jahr 1970 auf nicht ganz 1 500 Milliarden Schilling im Jahr 1997 gestiegen ist. Das heißt, die Finanzschuld des Bundes hat sich verdreißigfacht in der Zeit, in der sich die Wirtschaftsleistung Österreichs nominell nur versechsfacht hat. Das heißt also, die Schulden sind fünfmal so schnell gestiegen wie die Wirtschaftsleistung, und die Arbeitlosigkeit ist obendrein gestiegen.

Meine Damen und Herren! Das ist nichts anderes als das Scheitern keynesianischer, nachfrageseitiger Wirtschaftspolitik, die meint, über laufend neue Schulden heute die Beschäftigung sichern zu können.

Im März 1997 läßt uns Herr Bundeskanzler Klima in einem sehr interessanten Interview im "trend" wissen: "Aber bedenken Sie" – wörtliches Zitat –, "daß 100 Milliarden Zinsaufwand für die Staatsschulden unseren Spielraum für notwendige Beschäftigungspolitik beschränken." – Das ist der Punkt! Sie haben eine Politik betrieben – seit 1970 sind die Sozialdemokraten an der Regierung, seit 1986 mit der ÖVP in einer großen Koalition –, bei der Sie die Probleme der Gegenwart in die Zukunft geschoben haben, indem Sie immer größere Neuverschuldungen in Kauf genommen haben. Und heute stehen Sie vor einem Berg von Schulden, der Sie 100 Milliarden Schilling an Zinsen kostet, bezogen allein auf die Finanzschuld des Bundes.

Sie haben eine Nettozinssteuerquote von den Nettoeinnahmen des Bundes von 22 Prozent. Das heißt, von 10 S, die Ihnen an Nettosteuereinnahmen im Bund bleiben, zahlen Sie 2,20 S Zinsen, und ich werde nicht müde werden, von diesem Rednerpult aus hier immer wieder zu wiederholen: Das ist eine Umverteilung von unten nach oben, zu denen, die dem österreichischen Staat Geld borgen, von allen, die Steuern zahlen in Österreich.

Dabei hat Herr Bundeskanzler Klima offensichtlich seine Lektion verstanden. Im selben Interview im "trend" läßt er uns wissen, daß die Unternehmen verpflichtet sind, die technologische Innovation zu nutzen. Er sagt, daß das im Produktionsbereich bereits passiert ist und daher auch weiter im Dienstleistungsbereich, im quartären Sektor, passieren wird, und er zitiert dann noch Lester Thurow mit seiner Theorie der tektonischen Platten. Das stimmt schon, es ist schon gut, Herr Bundeskanzler, wenn Sie diese Fachliteratur lesen und sich mit dieser Sache auseinandersetzen, nur stimmt Ihre Politik damit nicht überein. Wenn Sie akzeptieren, was Ihnen diese Wirtschaftsforscher sagen, dann heißt das: eine klare, umfassende Reform der sozialen


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