Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 110

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Reform des Berufsausbildungsgesetzes. Wir haben die Verlängerung der Probezeit, Überlegungen zur Behaltefrist, die Auflösungsmöglichkeit des Lehrverhältnisses in begründeten Fällen in Worte gefaßt. Wir haben auch die lohn- und sozialrechtliche Entkoppelung von Lehrzeit, also von betrieblicher Ausbildungszeit, und schulischer Ausbildung wieder eingebracht. Wir wollen eine innere Neustrukturierung der Berufsschule, um flexiblere Ausbildungsmodelle überhaupt zu ermöglichen. Diesbezüglich können wir auch über die Teillehre reden, wenn die Durchlässigkeit in letzter Konsequenz sichergestellt ist.

Das duale Ausbildungssystem ist ein sehr gutes System, aber wir müssen es durch mittel- und langfristige Konzepte wieder zu einem erfolgreichen System machen. Wenn heute junge Menschen und österreichische Lehrlinge bei Berufsolympiaden erfolgreich sind, dann freue ich mich darüber, das läßt aber nicht auf eine generell hohe Qualität in unserem Ausbildungsbereich schließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir leid, daß sich die ÖVP mit ihren Vorstellungen einmal mehr nicht durchsetzen konnte. Herr Kollege Peter hat bereits einen Antrag von uns, wonach Lehrlinge im Gastgewerbe zumindest während der Sommerzeit bis 23 Uhr arbeiten dürfen, eingebracht. Das ist ein solcher Kompromißvorschlag, daß ihm sogar die Kollegen und Kolleginnen der SPÖ zustimmen könnten (Zwischenruf des Abg. Meisinger ), denn mit dem Umstellen der Uhr stellen wir noch nicht unsere biologische Uhr um. Wenn es auch Ihnen mit der Ausbildung ernst ist, dann stimmen Sie doch bitte zu. Lehrlinge im Gastgewerbe können nur dann ausgebildet werden, wenn Gäste da sind, denn nur dann können sie dort arbeiten, nur dann entsteht überhaupt die Situation zur Ausbildung.

Freizeit und Ruhezeit, Kollege Öllinger, ist trotzdem gesichert, weil die Nachtruhe davon nicht beeinträchtigt ist.

Ich glaube, das wäre ein Vorschlag, dem auch Sie zustimmen könnten, und damit könnten Sie Ihr Entgegenkommen beweisen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluß. Ich denke, von einer Reform für Lehrlinge kann man dann nicht sprechen, wenn Lehrstellen – ich sage es jetzt übertrieben – an Unternehmer mit Hilfe von finanziellen Zuwendungen "verbettelt" werden. Unternehmer und Unternehmerinnen wollen Rahmenbedingungen, die ihnen die Ausbildung von jungen Menschen wieder ermöglichen. Diese Rahmenbedingungen sollten wir den österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmern geben, nicht nur, um ihre wirtschaftlichen Interessen erfüllen zu können – diese sind sicher gegeben, weil der gut qualifizierte Facharbeiter ein wesentliches Kriterium für Österreich als Wirtschaftsstandort ist –, sondern eben auch, um all den Tausenden jungen Menschen, die einen Arbeitsplatz und einen Ausbildungsplatz brauchen, die Chancen nicht zu verbauen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

18.00

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß in diesem Haus noch kein Gesetz beschlossen worden ist, das letztendlich zur 100prozentigen Zufriedenheit aller beschlossen werden konnte. Ich glaube, daß dieses Gesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen ein Schritt ist, um den Bedürfnissen der Jugend, aber auch den Bedürfnissen der Wirtschaft näherzukommen und einen Kompromiß zu schließen, von dem man auch sagen kann, daß er vertretbar ist.

Ich weiß, daß noch viele Wünsche offen sind. Da meine Vorrednerin eine Reihe von diesbezüglichen Dingen aufgezählt hat, drängt sich bei mir die Frage auf: Ist das alles zum Schutz der Lehrlinge – oder ist es zum Schutz der Unternehmer, die Lehrlinge beschäftigen? (Abg. Schaffenrath: Es ist zur Verbesserung des Ausbildungssystems!) – Ich habe mir diese Frage gestellt, ich kann sie in diesem Sinn nicht so beantworten.


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