Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 114

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Beschlußfassung, wäre das nie beschlossen worden. Das muß man auch einmal sehr deutlich sagen. Ich habe das den betroffenen Branchen auch gesagt. (Abg. Haigermoser  – einige Blätter Papier hochhaltend –: Deine Aussendungen! Ein ganzes Bündel!)

Das zweite, Herr Kollege Haigermoser: Ich stehe dazu, auch wenn die Frau Reitsamer es, wie ich höre – ich war da gerade nicht herinnen – kritisiert hat: Diese Novelle, die eine Reparaturnovelle ist, ist keine Garantie dafür, daß sich jetzt die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe rasant verändern wird. Es gibt hier noch eine Reihe von Rahmenbedingungen, die wir noch ändern müssen. Ich habe auch in der Debatte vor dem Sommer hier gesagt, diese Novelle ist ein erster, wichtiger Schritt, aber es ist nur ein erster Schritt. Wir müssen noch weitere Rahmenbedingungen verbessern. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) – Herr Kollege! Weil Politik das Bohren harter Bretter ist und auf Knopfdruck nichts geht! In jeder westlichen Demokratie ist das so. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie kommen hier heraus und tun so, als gäbe es hier einen Knopf, auf den man drückt – und alle stimmen so oder so ab. Wir leben in einer Demokratie. (Abg. Haigermoser: Du kannst das Brett nicht ohne Bohrer durchbohren! Du hast dir den Bohrer aus der Hand nehmen lassen!) Wir müssen uns demokratische Mehrheiten suchen, lieber Freund, auch wenn ihr nach dem Führer-Prinzip natürlich das eher nicht so haben wollt. Das weiß ich schon. Wir brauchen hier Mehrheiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Mach bitte die unterste Schublade zu!)

Dritte Feststellung, meine Damen und Herren: Unser System der dualen Ausbildung – das muß man auch einmal positiv sehen, gerade weil von eurer Fraktion immer alles nur negativ gesehen wird –, das darauf beruht, daß sich die Betriebe ihrer Verantwortung für die Ausbildung der Jugend in sehr hohem Maße bewußt sind, hat dazu geführt, daß wir heute mit 4,5 Prozent die geringste Jugendarbeitslosigkeit von allen EU-Staaten haben; der EU-Durchschnitt liegt bei 10,6 Prozent. Manche EU-Staaten haben 20 und 25 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. (Abg. Haigermoser: In Sardinien sind es 38 Prozent!) Das ist ein Verdienst unserer Betriebe und ihrer hohen Verantwortlichkeit für die Ausbildung unserer Jugend, weil wir wissen, daß die beste Zukunftsinvestition die Investition in die Bildung unserer Jugend ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter Punkt: Ich anerkenne voll – das möchte ich ausdrücklich sagen – das Engagement des Herrn Bundeskanzlers in diesem Bereich, auch was seinen Vier-Phasen-Plan betrifft: erste Phase: Appell an die Betriebe, zweite Phase: auch die öffentlichen Einrichtungen sollen Lehrlinge einstellen, dritte Phase: Lehrlingsstiftung, vierte Phase: Ausbildungsplatz an Schulen. Nur, eines möchte ich auch sehr deutlich sagen – ich habe das unlängst auch im Sozialministerium gesagt –: Wir müssen wahnsinnig achtgeben, daß wir hier nicht ordnungspolitisch in die falsche Richtung gehen, denn es gibt hier bereits Modelle, die mit der dualen Ausbildung eigentlich nicht mehr viel zu tun haben. Ich habe mir selbst einen Fall im Sozialministerium genau angeschaut – ich nenne durchaus auch den Namen –, den Fall OMV-Gänserndorf. Da geht es darum, daß 25 Lehrstellen geschaffen werden sollen, und zwar mit einem Ausbildungsaufwand der öffentlichen Hand, also von AMS, Land und Gemeinde, und zwar pro Lehrling und Monat von rund 30 000 S.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für unverantwortlich, zu erwarten, daß Zehntausende kleine Unternehmer ... (Abg. Haigermoser: Wer macht das?) Das haben wir verhindert, Herr Kollege Haigermoser! Wir können mitgestalten. Das ist der Unterschied zu euch: Ihr könnt nur Forderungen aufstellen, wir können mitgestalten. Wir haben dieses konkrete Modell verhindert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Blünegger: Das sind Ihre Mißstände!)

Meine Damen und Herren! Wir müssen da wirklich achtgeben. Wir können nicht erwarten, daß Zehntausende kleine Unternehmer auf ihre Kosten die Ausbildung durchführen und wir es zulassen, daß einige wenige mit unglaublich hoher öffentlicher Förderung agieren.

Ein Letztes, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich glaube, ich habe es einmal hier schon gesagt, und ich sage es noch einmal –: Wir müssen uns bildungspolitisch wirklich überlegen, ob wir den richtigen Weg gehen, wenn wir dem Steuerzahler zumuten, daß unsere Hochschulen jedes Jahr Tausende Soziologen, Politologen, Psychologen ausbilden, die, wenn sie mit ihrer Ausbildung fertig sind, sofort umgeschult werden. Aber in jenen Bereichen, in denen wir


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