Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 115

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dringend notwendige Fachkräfte brauchen, gilt: Das ist Sache der Betriebe, das sollen die Betriebe allein machen! – Ich meine, wir brauchen ein Gesamtumdenken in der Bildungspolitik. Wir müssen die Berufsausbildung auch für die Betriebe wieder attraktiv machen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

18.19

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der nun zur Beschlußfassung vorliegende Antrag ermöglicht es jetzt vor allem den lebensmittelerzeugenden Betrieben, die Wochenendfreizeit bei Lehrlingen etwas zu verkürzen. Dieser Kompromiß ist ein Teilerfolg – das gebe ich zu – für die Lehrlinge, ein Teilerfolg für die Wirtschaft, die immer wieder beklagt, Lehrlinge kämen zu teuer und könnten nicht effizient genug eingesetzt werden.

Die Grundüberlegung dieses Antrages ist richtig. Herr Kollege Stummvoll hat es vor mir schon erwähnt, daß es sich bei dieser Novelle um eine Reparatur handelt. Ich bin froh darüber, daß Sie diese Einsicht haben, denn Einsicht ist der beste Weg zur Besserung. Ich bin auch Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, die Bereitschaft der Betriebe, Lehrlinge vermehrt einzustellen, wird sich auch in Zukunft in Grenzen halten. Ich sehe das einfach so, weil die Betriebe in Wirklichkeit gar keine Lehrlinge brauchen.

Zunehmende Arbeitslosigkeit, zunehmende und unnötige Schutzvorschriften verschärfen diese Situation natürlich. Lehrplätze kann nur die Wirtschaft schaffen, und zwar die Wirtschaft im privaten als auch im öffentlichen Bereich. Die Rahmenbedingungen muß jedoch die Politik schaffen.

Die Bundesregierung hat bisher außer Ankündigungen und Alibiaktionen nichts getan. Diese sollten nur einer Imageaufbesserung des Bundeskanzlers dienen – ob das jedoch eine Imageaufbesserung war, darüber läßt sich natürlich streiten –, wie beispielsweise die Lehrlingshotline, die ein einziger Flop war. (Widerspruch bei der SPÖ.) Das war ein einziger Flop! Von 108 Jugendlichen, die sich gemeldet haben, waren 81 ohnehin beim AMS gemeldet; da bleiben 27 übrig. Also wenn das kein Flop war, bitte, was ist dann ein Flop? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, er wolle mit Schwerpunktprogrammen auf Regierungsebene der Jugendarbeitslosigkeit entgegentreten. Wir haben zwar in Österreich im Vergleich zur EU eine relativ geringe Jugendarbeitslosenrate, haben aber derzeit die höchste Jugendarbeitslosigkeit, die es je in Österreich gegeben hat. Das muß man natürlich auch dazusagen. Es werden hier Maßnahmen vorgegaukelt, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Im öffentlichen Dienst wurden Lehrplätze eliminiert, und für die Privatwirtschaft gibt es Rahmenbedingungen, die das Interesse, Lehrlinge auszubilden, extrem einschränken.

Das AMS ist aufgefordert worden, jedem Lehrstellensuchenden im Herbst einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Das Arbeitsmarktservice hat dazu gesagt, das sei nicht realisierbar. Der Meinung bin ich auch. Außerdem soll in den nächsten sechs Monaten jedem Jugendlichen, der sich beim Arbeitsmarktservice meldet, irgendeine Beschäftigung angeboten werden; das muß nicht unbedingt ein Lehrplatz sein. Das ist natürlich eine Möglichkeit, aber wenn jemand eine Lehre anstrebt, so ist das für denjenigen nicht das Gelbe vom Ei, und das Ausbildungsniveau sinkt dann selbstverständlich auch.

Wenn man die Jugendlichen für einen Beruf ausbildet, in dem sie nachher keine Anstellung finden, dann muß ich sagen: Man schiebt das Problem nur vor sich her, und man hat dann eine Menge Ausgebildete, die keine Arbeit finden. Und dann gibt es dort dasselbe Problem, wie das jetzt bei den Junglehrern der Fall ist.

5 600 Schulplätze für nicht unterzubringende Lehrlinge werden Sie in Österreich auch nicht finden; die sind ganz einfach nicht vorhanden. In Wirklichkeit haben wir zuwenig Ausbildungsplätze, zuwenig Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge auszubilden, und das Arbeitsmarktservice hat


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