Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 118

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Ich glaube zwar, daß es solche Anpassungsprozesse geben wird, aber diese gibt es nicht nur in der Lebensmittelindustrie, sondern auch in der Bauindustrie, auch im Fremdenverkehr sowie in vielen anderen Branchen.

Wir haben ohnehin ein grundlegendes Problem in dieser Republik, und das ist die unterschiedliche Behandlung der gleichen Tatbestände, und zwar insbesondere im Sozialbereich. Ich rede jetzt gar nicht vom Harmonisierungsbedarf in der Pensionsfrage, denn das liegt noch eine Kategorie darüber. In vielen anderen Bereichen ist das der Fall, und das ist dem sozialen Frieden, der sozialen Ausgewogenheit nicht dienlich. Daher werden wir – und nur aus diesem Grund – diesen Vorschlag ablehnen.

Ich wollte mich zur Lehrlingsfrage eigentlich gar nicht äußern, aber es wurde so viel Positives dazu gesagt, zum Beispiel von meinem Vorredner, dem Herrn Abgeordneten Murauer, daß ich es als wichtig erachte, auch etwas dazu zu sagen. Da ich einige Dutzend Lehrlinge – ich weiß nicht und konnte es in der kurzen Zeit auch nicht eruieren, wie viele Dutzend es sind, ich nehme an, es sind zirka 150 – ausbilde, kann ich Ihnen sagen: Meine Damen und Herren, Sie sitzen einer Illusion auf! Das, was Sie hier sagen, können Sie doch nicht glauben! Sie haben heuer das Lehrlingsproblem bestenfalls vertagt. Der Herr Bundeskanzler, alle Regierungsmitglieder – und ich weiß nicht, wer noch aller –, wurden mobilisiert, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Sie haben ein bißchen etwas erreicht – das gebe ich zu –, aber den Preis dafür werden Sie nächstes Jahr zu bezahlen haben. Sie vergessen, daß ein Lehrverhältnis im Schnitt drei Jahre dauert, und Sie haben heute mit Gewalt alles hineingepfropft und werden im nächsten Jahr die Zeche dafür bezahlen müssen.

Meine Damen und Herren! Damit haben Sie das Problem nur für ein Jahr gelöst, was auch ein Verdienst ist, muß ich sagen, aber Sie sollten es zugeben und sich dessen bewußt sein, daß Sie nächstes Jahr dasselbe Problem, dann aber potenziert, haben. Meine Befürchtung ist, daß Sie selbst glauben, daß Sie etwas Positives, strukturell in die richtige Richtung Weisendes erreicht haben. Doch das ist, fürchte ich – und wir sind nicht im Widerspruch –, nicht der Fall: Sie haben die Lehrlingsausbildung für die Unternehmer nicht attraktiver gemacht, Sie haben die Rahmenbedingungen nicht in die richtige Richtung verändert, und daher werden Sie mit diesem Gesetz beziehungsweise mit dieser Novelle nichts erreichen.

Herr Stummvoll! – Jetzt ist er leider nicht mehr da. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich passe auf!) Herr Stummvoll, es freut mich, daß Sie mir zuhören. – Die Zeit, Herr Stummvoll, wo man etwas gekauft, Betriebe angesiedelt, Arbeitsplätze und Lehrlingsplätze massiv gefördert hat, ist doch vorbei. Diese Lektion haben wir doch schon gelernt. Spätestens seit Semperit sollten wir wissen, daß sich diese Dinge nicht mehr machen lassen, daher fordern wir einen massiven Einsatz. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Auch wenn Sie in einem ganz bestimmten Fall das Schlimmste verhindert haben, müßten Sie doch wissen, daß die Mittel, die vom AMS massiv eingesetzt werden, bestenfalls Medikament sind, aber keine Heilungstherapie bedeuten. Damit werden diese Dinge einfach scheitern müssen.

Ich bin nicht der Meinung wie ein Kollege von mir, der gesagt hat: AMS – eine matte Sache!, dieser Meinung bin ich nicht, sondern ich meine, daß das AMS grundsätzlich akzeptabel ist, aber das Einsetzen des AMS in dieser Frage wird die Sache nicht wesentlich verbessern. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gelangen damit zu den Abstimmungen, und zwar über den Gesetzentwurf, Abänderungsanträge und Entschließungsantrag. – Ich darf herzlich bitten, die Plätze einzunehmen.

Zum Gesetzentwurf haben die Abgeordneten Mag. Peter und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.


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