Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 8

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Genauso ist es auch richtig, die günstige konjunkturelle Lage in Europa zum Übergang zur Wirtschafts- und Währungsunion zu nutzen. Jedes Aufschieben würde zu Turbulenzen führen, die für die gesamteuropäische Wirtschaft negativ wären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt, zu dem ich einige Anmerkungen machen möchte, sind die Verteilungswirkungen, die mit dem Budget verbunden sind. Zunächst einmal begrüße ich – das ist ein sehr aktueller Aspekt –, daß es gestern zu einer Einigung gekommen ist, wonach die österreichischen ASVG-Pensionisten um 1,33 Prozent mehr bekommen und zusätzlich 430 Millionen Schilling für Ausgleichszulagenbezieher bereitgestellt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Jeder hätte ganz gerne immer noch mehr, aber ich meine, die Regierung hat das realisiert, was ökonomisch machbar ist, und vor allem hat sie – und das ist sehr wesentlich – gezeigt, daß sie zu ihrem Wort steht. Auch darauf können wir stolz sein. (Beifall des Abg. Ing. Gartlehner.  – Ruf bei den Freiheitlichen: Kein Applaus?)

Nächster Punkt – das muß ich auch ganz offen sagen –: Selbstverständlich hätte ich es begrüßt, wenn auch andere Transferzahlungen hätten erhöht werden können, etwa die Familienbeihilfe, das Karenzgeld. Wir geben zwar in Österreich allein über den Familienlastenausgleich im nächsten Budget 51,5 Milliarden Schilling für den Familienbereich aus, aber dennoch ist unser Sozialsystem im internationalen Vergleich pensionslastig. Es wird unser Bemühen sein, gerade für Kinder und junge Familien zusätzliche Hilfe zu leisten, wobei es wichtig ist – ich möchte das aus aktuellem Anlaß betonen –, daß es sich dabei um Hilfe handelt, die tatsächlich denen zugute kommt, die diese Hilfe brauchen.

Ich betone das deshalb, weil wir dieser Tage eine Diskussion um Fragen der Familienbesteuerung haben. Es ist ein Verfahren anhängig, bei dem jemand, der offensichtlich einen sehr guten Verdienst hat, einige hunderttausend Schilling als außerordentliche Belastung für seine Familie steuerlich geltend machen möchte. Dazu möchte ich folgendes sehr deutlich sagen: Ich hielte es für pervers, wenn wir Transferleistungen, die etwa jungen Müttern zugute kommen, nicht valorisierten, gleichzeitig aber gut verdienenden Eltern den, wie es so schön heißt, standesgemäßen Unterhalt steuerlich subventionierten.

Ich hoffe sehr, daß der Verfassungsgerichtshof auch die sozialen Auswirkungen verschiedener Modelle im Auge hat. Wir Sozialdemokraten werden uns jedenfalls strikt gegen jede Umverteilung von unten nach oben aussprechen. Ich hoffe, daß das auch berücksichtigt wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Wollen Sie von hier aus den Verfassungsgerichtshof beeinflussen?)  – Ich möchte hier eine politische Stellungnahme als Parlamentarier abgeben, was mein Recht als Parlamentarier ist, wie Sie es hoffentlich wohl auch sehen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der dritte Punkt betrifft die Wachstumsaspekte. Ich kann hier auf Einzelaspekte nicht eingehen, Kollegen werden darauf noch speziell zu sprechen kommen, sondern nur eine grundsätzliche Bemerkung machen: Die wichtigsten Wachstumsvoraussetzungen für die österreichische Wirtschaft sind einerseits ein stabiles soziales Klima und andererseits eine niedrige Inflationsrate, die niedrige Zinssätze ermöglicht.

Was das soziale Klima betrifft, haben wir auch in den letzten Tagen und Wochen Stimmen gehört, die das österreichische System der Sozialpartnerschaft aus meiner Sicht sehr leichtfertig für überflüssig und manchmal sogar für schädlich erklärt haben. Ich kann vor dieser Entwicklung nur warnen. Gerade in einer Zeit, in der die Produktion immer kapitalintensiver wird, in der es wichtig ist, in Ruhe produzieren zu können, ist soziale Stabilität ein ganz wesentlicher Wachstumsfaktor. Eine funktionierende Sozialpartnerschaft ist eine der besten Standortvoraussetzungen, die Österreich haben kann, und wir müssen darauf achten, daß wir diese Standortvoraussetzung nicht beschädigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Beschädigung könnte sowohl von außen als auch von innen kommen, von innen nämlich dann, wenn Unternehmer glauben, sie könnten heute eine neoliberale Unternehmermentalität nach Österreich importieren, bei der die Zahl der Arbeitskräfte einfach nur aus Kostengründen


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