Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 25

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Herr Kollege Trattner hat schon auf diese leidigen 15 Milliarden Schilling hingewiesen, die im Budget bei den Steuergutschriften vorkommen. Das spielt in bezug auf das Maastricht-Defizit eine große Rolle. Warum? – Im Arbeitsbehelf finden Sie – wenn Sie wissen, welche Tabelle Sie suchen müssen – den Wert von 2,8 Prozent Defizit für das Maastricht-Defizit insgesamt für das Jahr 1998, also deutlich unter 3 Prozent.

Die 15 Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen, die Sie aus bis heute unerfindlichen Gründen im Budget unter Zollgesetz verbuchen, diese 15 Milliarden an zusätzlichen Steuergutschriften – das sind 0,6 Prozent des BIP – sind nicht Maastricht-konform. Es steht ausdrücklich im Arbeitsbehelf zum jetzigen Budget, daß Sie in diesem Punkt, bei den Steuergutschriften, zu einem strikten Kassenprinzip – Cash principle – übergehen. Jeder, der sich ein wenig mit dieser Materie beschäftigt hat, weiß, daß die Maastricht-Abgrenzung eines Defizits genau das Gegenteil des Kassenprinzips ist. Genau das Gegenteil! Es beruht nämlich auf der VGR beziehungsweise auf dem Accrual-Prinzip. Wenn also EUROSTAT, das Statistische Amt der Europäischen Kommission, noch halbwegs bei Sinnen ist, dann kann es diese Verbuchung nicht als Maastricht-konform akzeptieren, das heißt, das Maastricht-Defizit wäre dann nicht 2,8 Prozent, sondern 3,4 Prozent.

Ich erwähne das nicht deshalb, weil es mich so wahnsinnig stört – mir ist es völlig egal, ob es 2,8 oder 3,4 Prozent sind –, aber es ist ja Ihre Jubelmeldung. Sie behaupten ja, daß das Defizit unter 3,0 Prozent liegt. Sie können natürlich das Glück haben, daß die statistische Kommission der EU eine nicht nachvollziehbare Entscheidung trifft – das ist schon mehrfach vorgekommen. Sie können natürlich auch – so wie 1995 – ein anderes Glück haben. Ich erwähne die Daten von 1995, weil mir das den Hintergrund liefert, ein paar kritische Anmerkungen zum Maastricht-Vertrag zu machen.

Das Maastricht-Defizit für 1995 war zur Zeit des Voranschlages für 1995 mit 4,5 Prozent des BIP vorgesehen. Ein halbes Jahr später waren es 5,5 Prozent des BIP, und im vorläufigen Gebarungserfolg vom Februar 1996 waren es 6,2 Prozent des BIP – ein Unterschied von 1,7 Prozentpunkten binnen weniger Monate. Seit Oktober 1996 ist für ein und dasselbe Jahr – ich rede immer noch von 1995 – eine stark fallende Tendenz zu verzeichnen. Im Bundesrechnungsabschluß Oktober 1996 waren es nur noch 5,9 Prozent, im Mai 1997 laut Wifo 5,3 Prozent, und im Septemberbericht des Wifo reden wir von einem Defizit von 4,9 Prozent des BIP für das Jahr 1995, sodaß wir jetzt vor der interessanten Tatsache stehen, daß wir gleich drei Zahlen für 1995 haben: 4,9 Prozent laut Wifo, 5,1 Prozent laut Arbeitsbehelf 1998 und 5,3 Prozent laut Budgetrede des Finanzministers von vor wenigen Wochen.

Warum erwähne ich das alles? – Als Kuriosum. Der Maastricht-Vertrag unterstellt allen Ernstes Strafzahlungen bei Überschreitung der 3,0-Prozent-Grenze des BIP-Defizits – allen Ernstes! –, wobei wir hier sehen, daß offensichtlich schon allein aus rein statistischen Gründen und aufgrund der Unsicherheit in Österreich – vor allem bei den Ländern und Gemeinden – diese Zahlen ohne weiteres um 1,5 Prozentpunkte voneinander abweichen können – für ein und dasselbe Jahr, für ein und dasselbe Land! So etwas soll man einmal administrieren!

Sie wissen, daß ich ein Befürworter der Währungsunion bin und ein ebenso strikter Gegner der Konvergenzkriterien, aber noch viel mehr bin ich ein Gegner des Stabilitätspaktes, der einfach ein Irrsinn ist. Das ist nicht administrierbar, wie man anhand dieser paar Zahlen sehen kann.

Die Bundesregierung hat zu wenige Efforts, zu wenig Energie, darauf verwendet, diesen Teil des Maastricht-Vertrages zu korrigieren. Es hätte schon genügt, würde ich meinen, wenn man das Wort "Defizit" im Maastricht-Vertrag als strukturelles Defizit interpretiert hätte. Es wäre gewiß sinnvoll, den Konjunktureffekt herauszurechnen und nur das strukturelle Budgetdefizit anzuschauen.

Wenn Sie den letzten IMF-Bericht anschauen, den Bericht des Internationalen Währungsfonds, dann sehen Sie, daß Österreich für 1997 ein Defizit des BIP von 1,7 Prozent aufweist, Italien – das vielgeschmähte Italien! – ebenfalls 1,7 Prozent Defizit und die EU im Durchschnitt 1,6 Pro


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