Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 44

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kann: Natürlich hätte ich es begrüßt, wenn die anderen Transferzahlungen auch erhöht worden wären, aber sie sind eben nicht erhöht worden, und natürlich werden wir versuchen, in den nächsten Jahren etwas für die jungen Familien zu machen. Er hat sich allerdings dazu verschwiegen, was er machen will, denn diese Regierung und auch der Herr Budgetsprecher haben ja gerade in den letzten Jahren daran mitgewirkt, daß einer der Bestandteile, der für junge Familien sozialpolitisch, verteilungspolitisch am meisten gegriffen hat, eliminiert worden ist, gestrichen worden ist: nämlich die Geburtenbeihilfen. – Das ist also der zweite Kapitalfehler.

Und der dritte Kapitalfehler ist meiner Ansicht nach, daß Sie sich in der Regierung in der Frage der Familienpolitik völlig uneins sind. Daraus, Herr Minister, könnten dieser Regierung, je nachdem, wie sich der Verfassungsgerichtshof entscheiden wird, noch ordentliche Probleme erwachsen. Sie sind nicht imstande, ein Konzept für eine Familienpolitik zu entwerfen, das auch dem Verfassungsgerichtshof klare Konturen vorgibt. Wollen Sie jetzt in erster Linie die Familienarmut bekämpfen, oder wollen Sie ein Konzept forcieren, wie es offensichtlich von der ÖVP betrieben wird, das eine fiktive Steuergerechtigkeit zwischen Familien mit Kindern und Kinderlosen in den Vordergrund stellt? – Dies auf Kosten der sozial Schwachen, auf Kosten derjenigen, die in den letzten Jahren durch Ihre Familienpolitik schon bestraft worden sind: durch Streichung der Geburtenbeihilfe, durch Streichung der Schulfahrtzuschüsse, durch Streichungen und Kürzungen bei der Heimfahrtbeihilfe, durch Streichungen und Kürzungen in anderen Bereichen, wie etwa bei den Schulbüchern, et cetera.

Das alles ist ja in den letzten Jahren von Ihrer Seite forciert worden. Und wir wissen – wir haben das ja im vorigen Jahr anhand des Wifo-Verteilungsberichtes diskutiert –, daß die verteilungspolitischen Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, tatsächlich die Ärmsten, die sich am wenigsten leisten können, am meisten benachteiligt haben.

Sie halten konsequenzlos daran fest, daß Sie sich in der Regierung in der Frage der Familienpolitik uneinig sind, ob tatsächlich die Ärmeren mehr bekommen sollen oder ob die Reicheren in Zukunft mehr bekommen sollen. Sie können sich nicht entscheiden, und das wird, so vermute ich, Konsequenzen haben. Irgendwann wird sich diese Regierung, auch wenn der Verfassungsgerichtshof sein Urteil noch hinauszögert, entscheiden müssen, wie sie mit diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes umgehen wird. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen – aber vielleicht werde ich überrascht –, daß der Verfassungsgerichtshof von seiner bisherigen Spruchpraxis in dieser Hinsicht total abgehen wird.

Und dann haben wir ein Problem. Dann haben wir ein Problem, das vielleicht nicht unmittelbar auf das Budget 1998, aber spätestens auf die Budgets 1999 oder 2000 massiv durchschlagen würde. Das liegt in Ihrer Verantwortung, meine Damen und Herren. Sie sollten sich diesbezüglich zusammenreden, denn es ist nicht egal, ob dann ein Budgetloch von möglicherweise 50 oder 100 Milliarden Schilling entsteht. Da schaue ich mir an, wie Sie dann reagieren würden, ob Sie dann mit den Schultern zucken und sagen würden: So hat eben der Verfassungsgerichtshof entschieden, und wir haben jetzt 50 oder 100 Milliarden Schilling weniger, dafür haben die reichen Familien dann mehr und die armen weniger. – Das könnte eine Konsequenz sein. Ich schaue mir dann an, wie Sie darauf reagieren und wie Sie das vor den Wählerinnen und Wählern vertreten würden, weil Sie sich in dieser Frage nicht entscheiden können, weil Sie in dieser Frage kontroversielle Auffassungen haben.

Das ist der dritte Kapitalfehler, der dieses Budget unglaubwürdig macht, weil es immerhin auch schon einen Vorgriff auf das Budget 1999, das wir zwar jetzt noch nicht beschließen, das aber im Prinzip darin angelegt ist, enthält. Deshalb, glaube ich, müssen Sie auch an dem gemessen werden, was Sie hier an Leistungen erbracht haben. Und diese Leistungen, meine Damen und Herren, reichen nicht aus.

Ich kehre noch einmal zurück zur Verknüpfung der Budgetfinanzierung mit der Pensionsreform. Ich halte es für wirklich fatal, daß Sie aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherungsgelder – Kollege Kier von den Liberalen hat deutlich gemacht, was wirklich die Probleme bei diesen Budgetansätzen sind –, daß Sie aus diesen Budgettöpfen, die Versichertengelder sind, trotz der Entwicklung, die wir alle leider erwarten müssen, in zwei Jahren 15 Milliarden Schilling, ohne mit


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