Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 45

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der Wimper zu zucken, entnehmen und sozusagen zunächst einmal in den allgemeinen Budgettopf transferieren und von dort dann in den Pensionstopf überleiten. 15 Milliarden Schilling! Gleichzeitig werden die Beträge für die aktive Arbeitsmarktpolitik eingefroren, und zwar auf gut 5 Milliarden Schilling.

Dies angesichts einer Situation, Herr Minister, in der wir zwar in den letzten Tagen – von Ihrer Seite her schulterklopfend – die Erfolge oder Mißerfolge bei der Lehrlingsfrage diskutiert, aber gleichzeitig nicht über das diskutiert haben, was die Arbeitsmarktzahlen schon wiedergeben, nämlich daß im Bereich der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer die Lücken immer größer werden. Sie verschweigen sich darüber, daß da schon enorme Zuwächse erkennbar sind, daß die Zahl der älteren, der mindestens 50jährigen Arbeitslosen von September 1996 auf September 1997 um fast 20 Prozent zugenommen hat.

Ich kann mich erinnern, daß Sie von den Regierungsparteien voriges Jahr ganz groß aufgetreten sind und gesagt haben: Wir haben etwas erfunden, nämlich ein Bonus-Malus-System, ein Wundermittel, mit dem wir verhindern werden, daß die Arbeitslosigkeit im Bereich der Älteren ansteigt. Jetzt haben wir dieses System. Wir wissen, wie es geht. Und fast alle Oppositionsparteien haben Sie darauf hingewiesen, daß es nicht funktionieren wird, daß es nicht greifen wird. Aber jetzt sind Sie nicht bereit, hier herauszugehen und zu sagen: Das hat nicht so geklappt. Sie verschweigen sich, und – was noch schlimmer ist – Sie treffen keine Vorsorge, damit tatsächlich effektive Maßnahmen gesetzt werden können.

Das, was sich auf dem Arbeitsmarkt abspielt, birgt tatsächlich ein enormes Gefährdungspotential in sich – nicht nur im Hinblick auf die Finanzierung der Pensionen, sondern auch, weil ein immer größerer Anteil von Menschen arbeitslos wird. Dabei ist mir egal, ob es sich um Jüngere oder Ältere handelt. Beides ist schlimm. Natürlich hat die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit Vorrang. Aber auch da müßten Sie sich die Frage stellen, ob die Maßnahmen, die Sie ergriffen haben, ausreichend sind, ob sie gut sind. Denn das, was Sie jetzt machen, nämlich von den knapp bemessenen 5 Milliarden nur 1,5 Milliarden für Lehrlingssubventionierungen "hinüberzuschaufeln", ist keine dauerhafte Maßnahme, um tatsächlich Lehrlingsbeschäftigung beziehungsweise Jugendbeschäftigung zu sichern. Da müßten Sie sich mehr einfallen lassen, meine Damen und Herren!

Es gäbe schon Maßnahmen – wir haben sie Ihnen bereits vorgeschlagen –, von der Ausbildungsabgabe bis zu strukturellen Reformen im Bildungsbereich, die geeignet wären, für Jugendliche tatsächlich etwas zu verbessern. Diese haben Sie aber nicht gesetzt. Sie haben kurzfristig 1,5 Milliarden Schilling aus dem heurigen Budget zugunsten der Jugendlichen umgeschaufelt, und jetzt müssen Sie erkennen, daß dieses kurzfristige Umschaufeln den Effekt hat, daß es im Bereich der älteren Arbeitslosen, denen das Geld weggenommen wurde, an entsprechenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen fehlt. Nächstes Jahr werden wir dann über die Altersarbeitslosigkeit diskutieren, da werden Sie vielleicht wieder 1 Milliarde dorthin umschaufeln, und übernächstes Jahr werden wir dann wieder über die Jugendarbeitslosigkeit diskutieren.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Konzept. Sie hätten die Möglichkeit, gerade aufgrund der vorhandenen Versicherungsbeiträge im Bereich der Arbeitslosenversicherung, sich tatsächlich Konzepte und effiziente Maßnahmen zu überlegen.

Damit komme ich gleich zu einem anderen Bereich, der zwar nicht im Bundesfinanzgesetz, aber derzeit noch in den Begleitgesetzen enthalten ist. Wir wissen allerdings nicht, ob er dauerhaft drinnen bleiben wird. Das sind die vom Ansatz her durchaus sinnvollen Maßnahmen, die die Sozialministerin vorschlägt, in puncto Gleitpensionen, das Recht auf Teilzeit für ältere Arbeitnehmer, die Sabbatjahre, also den Arbeitsurlaub, und die Jobrotationsmodelle.

Ich halte das für sinnvolle Maßnahmen. Wir haben immer, in allen Debatten, diese Maßnahmen eingefordert. Jetzt stellt sich heraus, daß sie anscheinend noch offen sind, weil sie von der Wirtschaft nicht akzeptiert werden. Aber was ich noch bedauerlicher finde, ist, daß diese Maßnahmen so angesetzt sind, daß sie eigentlich nicht attraktiv sein können. Denn eines können Sie mir glauben: Wenn ich jemandem, der auf Arbeitsurlaub gehen will, nur versprechen kann, er


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