Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 47

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Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, daß Geschäftsordnungsbeschlüsse, Änderungen der Geschäftsordnung dieses Hauses mittlerweile nur noch mit den Stimmen der Österreichischen Volkspartei und der SPÖ gefaßt werden, das heißt, nur mehr mit den Stimmen der Regierungsparteien. (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt doch nicht! Es hat immer eine breite Mehrheit gegeben!)

Herr Präsident! Ist das kein Alarmsignal? Ich hätte mir gewünscht, daß Sie heute gesprochen hätten, daß Sie heute zu dieser Entwicklung, daß die Regierung nur noch über die Opposition drüberfährt, insbesondere dann, wenn es um Kontrollrechte geht, insbesondere dann, wenn es in offenem Widerspruch zu dem steht, was Sie früher selbst gesagt haben, das Wort ergriffen hätten, so wie unser Präsident, daß Sie heute gesagt hätten, welche Entwicklung der Demokratie das ist. (Abg. Dr. Fischer: Wer führt dann den Vorsitz?) Ich hätte Ihnen jetzt gerne meine Redezeit abgetreten. Wollen Sie statt mir reden? Dann setze ich mich sofort nieder. Erklären Sie uns das einmal, Herr Präsident! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Wabl hat völlig recht, wenn er sagt, daß sich dieses Haus laufend entmündigt und sich von der großen Koalition entmündigen läßt. Aber, Kollege Wabl, ich erinnere daran: Bei der letzten Geschäftsordnungsreform habt ihr noch das Feigenblatt geliefert, mit dem man eine weitere Entmündigung dieses Hauses durchgeführt hat. Man wird jetzt immer brutaler. Jetzt seid ihr draufgekommen – spät, aber doch –, daß es weitergeht. Der nächste Anschlag ist ja schon geplant. Man will im Finanzministerium prüfen, ob dieses Haus überhaupt noch Anträge stellen darf, meine Damen und Herren! Ich bin gespannt darauf, ob Sie dann auch noch daran denken, daß dieses Haus weiter entmündigt werden soll.

Das Feigenblatt, Herr Präsident, ist jetzt weg, das Feigenblatt, das Kollege Cap jetzt noch ein bisserl aufgeblasen hat. Er hat gesagt, wie fürchterlich das alles war, Peter Pilz und was weiß ich wer, welche Grausamkeiten die geliefert hätten. (Abg. Dr. Cap: Das ist jetzt lendenlahm!) Ja, mag ja sein. Jetzt haben Sie das Verfahrensrecht, es ist mit uns verhandelt worden, wir alle waren sehr konstruktiv mit dabei. Jetzt ist das Feigenblatt weg, und jetzt schauen wir uns an, ob das totes Recht bleibt oder nicht. – Ich garantiere Ihnen schon heute, es bleibt totes Recht.

Frau Kollegin Schmidt hat recht, wenn sie sagt, die Oppositionsparteien sind auf der Grundlage in diese Verhandlungen gegangen, daß sich bei der Frage der Einsetzung, ob Mehrheits- oder Minderheitsrecht, etwas bewegt. Aber es hat sich nichts bewegt. Die Koalition hat nur ihr Feigenblatt jetzt verloren. Jetzt stehen Sie in der Nacktheit der Verweigerung von Demokratie da, mehr nicht! (Abg. Dr. Cap: Lorbeerblatt!) Nein, Sie haben nichts! Sie stehen nackt da! Ein Nudum ist das, Herr Kollege Cap, ein Nudum! (Lebhafte Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie stehen nackt da. Ihre Weigerung ist unkeusch und nackt! Ich bin gespannt darauf, was Kollege Khol zu dieser unkeuschen Nacktheit noch sagen wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ein fürchterlicher Anblick!) Aber es wird ihm egal sein. Kollegen Khol ist überhaupt alles egal, was sich im Parlament abspielt. Hauptsache, Sie haben Ihre pragmatisierten Mandate, meine Damen und Herren!

Der einzige, der in der Österreichischen Volkspartei in dieser Frage Charakter bewiesen hat, war Kollege Neisser. Herr Präsident Neisser ist auch zu seinen früheren Worten gestanden, Herr Präsident Fischer. (Abg. Dr. Schmidt: Ja, weil es ihm nicht weh tut!) Ja, das ist schon richtig, aber glauben Sie mir, Frau Kollegin Schmidt, bei diesem Verhältnis zwischen Khol und Neisser tut es ihm sogar weh, daß er sich getraut hat, zu seiner früheren Ankündigung zu stehen; so sehr mögen sich die beiden Herrschaften! Anerkennen wir dieses winzige Heldentum des Präsidenten Neisser, es ist ohnehin selten genug, meine Damen und Herren, daß hier herinnen einer einmal Haltung an den Tag legt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben keinerlei Beweglichkeit bei der zentralen Frage der Einsetzung eines Untersuchungsauschusses an den Tag gelegt. Ich weiß nicht, wo Kollege Maier jetzt ist; er hat seine Wortspende abgegeben und ist dann entflohen. Das ist typisch, er war auch bei den Verhandlungen nicht dabei. Kollege Maier irrt natürlich kolossal. Wir haben nie gesagt, daß wir in der Frage des Verfahrensrechts und der Handhabung der Beschlüsse im Ausschuß selbst – das zu dem befürchteten Mißbrauch, den Frau Kollegin Fekter an die Wand malt – der zwingenden Meinung


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