Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 33

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Es war auch absehbar, daß der Verfassungsgerichtshof, also die obersten Hüter unserer Verfassung, in diese Richtung urteilen würde. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist nicht wahr!) Schon der sogenannte Unterbrechungsbeschluß im Juni 1996 hat eindeutig in diese Richtung gewiesen. Frau Abgeordnete Schmidt! Auch Sie werden diesen Unterbrechungsbeschluß vermutlich kennen. Daher habe ich schon frühzeitig, nämlich im Herbst des Jahres 1996 – also vor einem Jahr –, ein Modell vorgestellt, das diese Unterhaltsverpflichtungen der Familien steuerfrei stellen sollte. Wir haben gesagt, daß das steuerfreie Existenzminimum zu gewährleisten ist; 4 800 S netto für jedes Kind bar auf die Hand. (Abg. Dr. Haselsteiner: Auch für Ihre und für meine!) Dieses Modell sollte das bewerkstelligen; und das geht in die Richtung der Ansicht der Verfassungsrichter. (Beifall bei der ÖVP.)

Nein, Herr Abgeordneter Haselsteiner! Sie brauchen das nicht, ich brauche das nicht. Die meisten hier in diesem Hohen Hause brauchen das auch nicht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wieso tun Sie es dann?) Aber jetzt unterhalten wir uns doch einmal ganz kurz über den von Ihnen und auch von anderen in diesem Hohen Hause immer wieder zitierten Ausspruch: Der Verfassungsgerichtshof will die Reichen reicher machen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Im Ergebnis!)

Zum ersten: Ich akzeptiere die geäußerte Kritik an den Verfassungsrichtern in der Tonart, in der sie geäußert wurde, nicht. Es wurde von Frechheit gesprochen. (Beifall bei der ÖVP.) Das waren nicht Sie (Abg. Mag. Stadler: Der Koalitionspartner! Nennen Sie ihn doch! Der Koalitionspartner war es!) , sondern das waren Vertreter einer anderen Fraktion. Wenn hier von Frechheit, von Politjustiz und davon gesprochen wurde, daß die Verfassungsrichter gewissermaßen in die eigene Tasche urteilen würden, dann meine ich, daß das höchst verzichtbare und überflüssige Bemerkungen waren. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haselsteiner! Wenn es darum geht, ob dieses Erkenntnis die Reichen reicher macht, dann meine ich, daß das gerade nicht gesagt wird. Ich nehme an, Sie haben das Erkenntnis gelesen. Der Verfassungsgerichtshof sagt ausdrücklich, daß Familien, deren Einkommen deutlich unter der sozialversicherungsrechtlichen Höchstbemessungsgrundlage liegt, die also deutlich weniger als 40 800 S im Monat, sagen wir 30 000 S, verdienen, steuerlich zu entlasten sind. Das sind aus Ihrer Sicht, Herr Abgeordneter Haselsteiner, die reichen Familien in diesen Land? – Nein, das sind die Mittelstandsfamilien. Um diese geht es, sie müssen entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Soziale Staffelung von Transferleistungen klingt so schön. Familien mit einem Bruttoeinkommen von 30 000 S und zwei Kindern im Alter zwischen 10 und 19 Jahren, die vielleicht in eine Hauptschule oder allgemeinbildende höhere Schule gehen, erhalten etwa 20 000 S netto im Monat. Diese Familien bekommen im Monat rund 3 800 S Familientransferleistung bestehend aus Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Diese 3 800 S, also fast 20 Prozent des Nettoeinkommens dieser Familie, wollen Sie über eine soziale Staffelung diesen Familien wegnehmen? – Dazu sage ich ein klares Nein. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber im Gegenteil, Herr Minister! – Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Das ist nicht seriös, was Sie hier sagen! Sie sprechen wider besseres Wissen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer immer von sozialer Staffelung spricht, möge das im Auge behalten, denn es kann nicht darum gehen, nur einigen wenigen Supermillionären diese Transferleistung nicht zugute kommen zu lassen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das machen Sie!) Wenn Sie davon sprechen, dann sprechen Sie vom Mittelstand. Dann geht es genau um jene Familien, für die ich gerade ein Beispiel gebracht habe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt jetzt an uns, in den nächsten Monaten dieses Erkenntnis zur Kenntnis zu nehmen und zum Anlaß zu nehmen, ihm zu entsprechen. (Abg. Dr. Schmidt: An uns liegt es, nicht an Ihnen! Es liegt am Parlament, nicht an der Regierung!) Na selbstverständlich! Was werden wird denn anderes tun, als dem Erkenntnis der Verfassungsrichter zu entsprechen? Die Bundesregierung wird mit einer Arbeitsgruppe bis Februar eine Lösung erarbeiten, um mehr Steuergerechtigkeit walten zu lassen. Was sagen uns denn die Verfassungsrichter? – Österreichs Familien haben Jahr für Jahr in den letzten Jahren zu viel Steuer bezahlt. Es geht nicht um neue Steuergeschenke, um neue Transferleistungen. Es geht


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