Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 64

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Umstellungsdauer bis zum Jahr 2020, also tatsächlich für die übernächste Generation, aber davon, daß man dazu eigentlich einen ganz anderen Schritt hätte setzen müssen, nämlich die Beamtendienstrechte und die Beamtenbesoldungsrechte mit denen der normalen Arbeitswelt zu harmonisieren und nicht nur am Pensionsbereich herumzufeilen, war überhaupt nicht die Rede. Wenn man die Besoldungssysteme nicht harmonisiert, dann hat man es natürlich extrem schwer, dazu passend die Pensionssysteme zu harmonisieren, aber das hätte bedeutet, daß man tatsächlich im Ganzen arbeitet und nicht an Teilen herumdoktert.

Durchrechnungszeiträume anheben: Ich habe es schon erwähnt, Lebensarbeitszeit muß das Ziel sein. Daß man das vielleicht nicht sofort mit einem ersten Schritt erreichen kann, das mag schon stimmen, aber man müßte deutlich sagen, daß es die Lebensarbeitszeit geben muß, und dann kann man über 18, 20 oder 25 Jahre durchaus reden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nächster Punkt: spürbare Anhebung von Abschlagsregelungen im Bereich der Frühpensionen. – Nicht ein Hauch davon! 2 Prozent verzögert, "verbremst". Das Pensionsantrittsalter wird mit diesen Maßnahmen nicht angehoben werden, und 4 Prozent wären das Notwendige gewesen. Also man hat offenbar gemeint, zwischen 0 und 4 ist der Mittelwert 2, daher machen wir 2. Daß 2 Prozent dann aber keine Wirkung mehr haben und wir diese erst bei 4 Prozent gehabt hätten, das wird ignoriert.

Alterungskosten, steigende Lebenserwartung berücksichtigen: In keinem einzigen dieser sogenannten Reformgesetze, die wir in dieser Woche diskutieren werden, ist irgendwo auch nur ein Hauch davon zu bemerken, daß man die steigende Lebenserwartung als ein Dynamisierungselement verwenden sollte. Es wurde zwar bis zuletzt um Dynamisierungen gefeilscht, aber daß es auch Dynamisierungen geben könnte, die bedeuten, daß aufgrund der steigenden Lebenserwartungen die Pensionen eben nicht so hoch angehoben werden können beziehungsweise sogar auf die Dauer des Ruhestandes anders verteilt werden müssen, das war in den Gesprächen offenbar unerwünscht, weil es eine schmerzliche Wahrheit ist.

Diese fünf Punkte, die ich Ihnen genannt habe, sind der Succus der Studie und des Gutachtens von Professor Rürup, sind also keineswegs von mir frei erfunden. Das zentrale Dokument, mit dem gearbeitet wurde, enthält diese fünf Punkte. Und da sich diese fünf Punkte kaum oder nur ansatzweise in den Budgetbegleitgesetzen wiederfinden, darf man sich nicht wundern, wenn das summarische Urteil dieses Experten lautet: Von den notwendigen 20 Prozent Einsparungen auf der Ausgabenseite werden bestenfalls 3 Prozent erreicht werden. Und das ist weniger als ein Sechstel. Eine Reform, die nur ein Sechstel des gesteckten Ziels erreicht, von diesem Pult aus zu loben, das ist schon mehr als tollkühn.

Klubobmann Khol meinte, ich hätte "dringend" in diesem Zusammenhang gesagt. In diesem Punkt gebe ich ihm recht. Aber "dringend" würde bedeuten, daß man klare Ziele definiert. Und diese klaren Zieldefinitionen unterbleiben im Effekt. Im Effekt ist die Pensionsreform in ein Bermudadreieck gefallen – in ein Bermudadreieck, das aus Regierung, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Sozialpartnerschaft besteht. Und in diesem Bermudadreieck sind die wesentlichen Notwendigkeiten dieser Pensionsreform verschwunden. Das absolut Skandalöse und geradezu Unfaßbare für mich ist das Verhalten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst; ich muß das mit aller Deutlichkeit aussprechen. Eine Gewerkschaft, die nicht die Interessen ihrer Mitglieder, sondern ausschließlich die Interessen ihrer Führungsebenen vertritt, ist eine Gewerkschaft, die innerhalb des ÖGB mehr Schwierigkeiten haben müßte, als sie offenbar hat, weil sie sich nämlich dort durchgesetzt hat. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wer von seiten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat im Rahmen dieser Gespräche auch nur mit einem Wort die Vertragsbediensteten erwähnt, die auch im öffentlichen Sektor arbeiten, aber alle unter dem Regime des ASVG leben – allerdings nicht geschützt, sondern kündbar und nicht mit den Privilegien eines Pensionsrechtes, das aus dem 19. Jahrhundert stammt? Natürlich ist es für jene, die es haben, komfortabel, aber es kann nicht mehr länger verantwortet werden. Und wenn Kollege Kostelka hier meint, die staatliche Aufgabe sei es nicht, Nachtwächterstaat zu sein, so stimmen wir ihm zu 100 Prozent zu. Wer redet vom Nachtwächterstaat, wenn er der Meinung ist, daß es eine staatliche Aufgabe ist, Garantien zu geben, die man auch


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