Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 68

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Meine Damen und Herren! In allen Systemen haben wir in Zukunft die gleichen Abschläge für Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in Frühpension gehen, das heißt also, vor dem 60. Lebensjahr als Frau, vor dem 65. Lebensjahr als Mann. Die öffentlich Bediensteten haben diese Abschläge schon seit mehreren Jahren. Ich sage das deshalb, weil immer gesagt wird, es gebe hier Privilegien. In diesem Punkt sind die öffentlich Bediensteten mit gutem Beispiel vorangegangen, und die Abschläge haben bereits Wirkung gezeigt. Das Durchschnittsantrittsalter im öffentlichen Dienst ist hinaufgegangen, und ich glaube, wir müssen den öffentlich Bediensteten hier auch Anerkennung zollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden in Zukunft die gleichen Kriterien für die Berufsunfähigkeitspension haben. Wir werden die gleichen Kriterien für die Ruhensbestimmungen haben. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, daß in diesem Gesetz auch grundgelegt ist, daß ein Politiker, der eine Pension als öffentlich Bediensteter, als Gewerbetreibender, als Bauer oder als Arbeiter und Angestellter bekommt, natürlich Ruhensbestimmungen unterliegt, wenn er daneben ein politisches Einkommen hat – was bei Bürgermeistern oft der Fall ist und was uns große Probleme bereitet. Viele pensionierte Lehrer werden mit 60 Bürgermeister, aber wir brauchen diese Mitbürgerinnen und Mitbürger. In Zukunft gelten hier Ruhensbestimmungen, und das ist gerecht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Die ÖVP braucht diese! Sie sind eine Bürgermeisterpartei!) Ja, wir sind eine Bürgermeisterpartei, Herr Kollege Haselsteiner! Wir sind stolz darauf, eine Bürgermeisterpartei zu sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Länder haben die gleichen Probleme. Wir sind kein tragischer Einzelfall. Ich möchte nur sagen, daß viele von Ihnen immer glauben, daß uns die Deutschen zeigen, wie man sozusagen "mit der Goas ackert". Die Deutschen haben die Steuerreform nicht zustande gebracht, wir hingegen schon, und die Deutschen haben auch ihre Rentenreform dieser Tage abgesagt. Was wir in mühseligen Verhandlungen mit den Sozialpartnern – Präsident Verzetnitsch ist hier – zustande gebracht haben, ist anderen Ländern nicht gelungen. Wir sind das erste Land, das im öffentlichen Dienst einen Durchrechnungszeitraum für die Pensionsbemessung einführt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man hier auch einmal sagen muß: Es wurde in letzter Zeit sehr viel Kritik an den Gewerkschaften geübt. Ich bin seit über 20 Jahren Christlicher Gewerkschafter, ich bin überzeugter Gewerkschafter, und ich weiß, wie wichtig die Gewerkschaft in einer Demokratie ist. Ohne die organisierte Gegenmacht gegen die organisierte Wirtschaftsmacht kann eine Partnerschaft nicht funktionieren. Und man kann einer Gewerkschaft nicht vorwerfen, daß sie mit allen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln die Interessen ihrer Mitglieder verfolgt. Das ist ihre Aufgabe. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Das werfen wir nicht vor! Aller Mitglieder!)

Das ist die Aufgabe der Gewerkschaften, so wie es die Aufgabe der Wirtschaftskammer ist, ihre Mitgliederinteressen zu vertreten. Daher ist es eine Illusion, zu glauben, eine weiterreichende Lösung wäre besser gewesen, es wäre besser gewesen, wenn wir eine Reform ohne Gewerkschaft gemacht hätten. Denn, meine Damen und Herren von der liberalen Fraktion, die sozialen Kosten von nicht verhandelten Lösungen können Sie sich im Augenblick in Frankreich anschauen, wo die Lastwagenfahrer die gesamte französische Republik lahmlegen. So etwas wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Einmal erpreßt, immer erpreßt!)

Natürlich hätten sich beide Regierungsparteien gewünscht, daß wir das, was wir in Rust als Verhandlungsgrundlage dargelegt haben, schneller und in vollem Umfang hätten durchsetzen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Aber es ist eben Demokratie (Abg. Dr. Haselsteiner: Nein!) , dem anderen zuzuhören, den anderen mit seinen Interessen ernst zu nehmen und dann hier im Parlament einen am Gemeinwohl orientierten Kompromiß zu finden. Und diesen haben wir gestern in der Nacht gefunden, was ich begrüße. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Hier im Parlament habt ihr gar nichts gefunden!)

Da gibt es natürlich Krakeeler, die andere Lösungen lieber hätten. Auch andere Menschen haben recht, und ich kann mir das auch vorstellen. Was ich aber nicht verstehe, ist, daß man folgende Lösung anstrebt, auch wenn sie optisch sehr attraktiv ist: Jeder Mensch bekommt eine


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