Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 116

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.23

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte meinen Debattenbeitrag damit beginnen, daß ich zugebe, daß mir die Rede des Herrn Staatssekretärs zu den Reformschritten, die jetzt beschlossen werden, sehr gut gefallen hat. Seine Rede war eine kühle, sachliche Darstellung, sofern ich das beurteilen kann, denn ich bin ja kein Experte auf diesem Gebiet. Man hört solches nicht immer von der Regierungsbank aus. Ich werde die Rede dann auch noch im Protokoll nachlesen. Ich meine jedenfalls, daß man alle Details, um die es bei dieser Reform geht, beispielsweise betreffend den Durchrechnungszeitraum, die Ruhensbestimmungen, die Änderungen der Anpassungen bei den Pensionen, die Deckelung gegen Nachteile, die verschiedenen Änderungen bei der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten, bei der Erwerbsunfähigkeit, die Vordienstzeiten, und die interessante Geschichte der Senkung der Pensionsbeiträge für jüngere Beamte, die von der Deckelung nicht mehr profitieren, in dieser Rede gut nachlesen kann. Darüber, was davon sinnvoll ist und was nicht, kann man im Detail diskutieren. Aber darauf möchte ich in meiner kurzen Rede eigentlich nicht eingehen.

Worüber ich rätsle, Herr Staatssekretär, und was ich nicht verstehe, ist folgendes: Der Ausgangspunkt 1997 war doch, daß laut einer Studie der Weltbank Österreich mit Pensionsausgaben in der Höhe von 16 Prozent des BIP wenn nicht Weltmeister, so doch in der Nähe des Weltmeisters ist, jedenfalls international gesehen sehr hohe Pensionsausgaben hat.

Im Jänner dieses Jahres ist, sofern ich mich richtig erinnere, eine Studie von Mitarbeitern des Internationalen Währungsfonds speziell über Österreich erschienen. Es gibt eine Studie der OECD speziell über Österreich. Es gibt eine Erwähnung des Pensionsproblems über einige Seiten im OECD-Länderbericht über Österreich. Die Quintessenz des Ganzen ist: Je nach Szenario, das man zugrunde legt, je nach Annahmen über die Entwicklung der Produktivität und so weiter kommen diese Studien zu dem Schluß, daß die Pensionsausgaben in etwa zwischen 8 Prozentpunkten und 16 Prozentpunkten des BIP bis zum Jahr 2020 steigen werden, also im schlechtesten Fall – nehmen wir das einmal vorläufig an – eine Verdoppelung der jetzigen Pensionsausgaben stattfinden wird.

In allen diesen Studien, meine Damen und Herren, sind die Beamtenruhegenüsse gar nicht mit einbezogen. Diese Studien beziehen sich ausschließlich auf ASVG, GSVG, die Bauern und noch ein paar Restgruppen, also im wesentlichen auf den klassischen ASVG-Bereich. Der Reformbedarf für das Pensionssystem liegt, sofern man diesen internationalen Studien Glauben schenken darf, bei 8 Prozent bis 16 Prozent des BIP, gemessen am Status-quo-Szenario für das Jahr 2020.

Die Rürup-Studie, die vom Sozialministerium in Auftrag gegeben wurde, liegt eher am unteren Rand dieser Szenarien, soweit ich das mitbekommen habe. Es stand schon in der seinerzeitigen Regierungsvorlage – Herr Staatssekretär Ruttenstorfer hat es heute schon wiederholt – folgendes: Die Nettoausgaben des Bundes für Pensionen werden relativ rasch steigen, sie machen heute 1,4 Prozent des BIP aus und werden im Jahr 2030, wenn nichts passiert, 1,7 Prozent ausmachen. Die Bundesregierung hofft, mit diesen Reformen eine Stabilisierung bei 1,4 Prozent bis 1,5 Prozent zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Wegen 0,2 Prozent des BIP solch ein Aufwand?! Ich verstehe das überhaupt nicht. Wir reden von Größenordnungen, die das 20-, 30-, 40fache und mehr – ich bin noch immer am unteren Rand dieser Szenarien – ausmachen. Die budgetären Prioritäten müßten dann doch, sollten diese Zahlen wirklich stimmen – und ich zitiere ja nur die Zahlen der Bundesregierung –, ganz woanders liegen!

Was ich jetzt gerne von Ihnen, Herr Staatssekretär, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, beantwortet haben möchte, ist die Frage: Wie wirken sich jetzt Ihrer Meinung nach die Pensionsreformen dieser Woche – also nicht nur die Beamtenpensionsreform, sondern


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