Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 93

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

damit konnte der Verfassungsgerichtshof schalten und walten und fuhrwerken, wie er wollte. Er hat dann aber etwas getan, was ich wirklich für eine klare Grenzüberschreitung halte. (Zwischenruf der Abg. Haller. )

Herr Vizekanzler Schüssel hat ja auch deutlich gesagt, daß die ÖVP mit ihren gesellschaftspolitischen Anliegen voll durchgekommen sei. (Abg. Großruck: So ist es! Das ist das Ergebnis!) Schöner hätte er es gar nicht ausdrücken können, daß der Verfassungsgerichtshof in dieser Frage Ihre Aufgabe erfüllt hat. (Abg. Mag. Kukacka: Wir glauben, daß es richtig ist!)

Ihre gesellschaftspolitischen Anliegen hat uns Kollegin Gatterer – wo ist sie denn? – wunderbar expliziert. (Abg. Großruck: Sie können es sich nicht richten!) Sie hat gesagt, der gerechte finanzielle Ausgleich zwischen jenen, die Kinder erziehen, und jenen, die Karriere und persönliche Freiheit einer Familie vorziehen, sei gefährdet, wenn wir jetzt darüber diskutieren. – Das heißt, Kollegin Gatterer teilt die Gesellschaft in zwei Klassen: in die einen, die Kinder erziehen, und in die anderen, die ihre Karriere vorziehen. (Abg. Großruck: Unsere Kinder werden Ihre Pension bezahlen! – Abg. Mag. Kukacka: So ist es!)

Daß diese beiden Dinge vielleicht vereinbar sein könnten, daß Familienpolitik, zumindest nach unserem Verständnis, bedeutet, diese Vereinbarkeit möglich zu machen (Abg. Großruck: Meine Kinder werden Ihre Pension zahlen!), ist Ihnen offensichtlich fremd. Nach Ihrer Ansicht gibt es zwei Gruppen: Die einen, die wollen das, die anderen wollen jenes. Damit tun Sie aber nichts anderes als auch andere Parteien, die diese Gruppen gegeneinander ausspielen. (Abg. Jung: Das tun ja Sie, Frau Dr. Schmidt!)

Das Ergebnis Ihrer gesellschaftspolitischen Vorstellungen entspricht genau jenem Zustand, in dem wir uns befinden, nämlich daß die beiden Möglichkeiten nicht vereinbar sind (Zwischenruf der Abg. Gatterer ) und die einen den anderen sagen, wer mehr für die Gesellschaft leistet – da, wie Kollegin Moser gesagt hat, Kinder ein "Geschenk an die Gesellschaft" sind. (Abg. Großruck: Ein Geschenk Gottes!) Das ist die "zukunftsorientierte" Familienpolitik, die sich die ÖVP vorstellt!

Die Aussage des Verfassungsgerichtshofes, daß Kinder nicht Sache privater Lebensgestaltung seien (Abg. Steibl: Das paßt Ihnen nicht!) und daher – "daher" sage ich nun dazu, denn ich kann seine Folgerung anders nicht nachvollziehen – der Gleichheitsgrundsatz nicht am niedrigen oder hohen Einkommen der Eltern zu messen sei, das heißt also, der Ausgleich nicht nach diesem Kriterium stattzufinden habe, sondern an Eltern mit und ohne Unterhaltsverpflichtung, ist bereits eine ideologische Festlegung. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Ich muß sagen: Ich hätte mir dafür zumindest eine Begründung des Verfassungsgerichtshofes erwartet. Er hat das nicht getan. (Abg. Jung: Wer wird denn Ihre Pension einmal zahlen, Frau Dr. Schmidt? – Abg. Mag. Kukacka: Wer wird denn Ihre Pension einmal zahlen? – Unsere Kinder! – Abg. Dr. Höchtl: Jawohl, unsere Kinder!)

Wenn Sie nicht bereit sind, endlich eine gescheite Pensionsreform zu machen, dann werden wir nie eine Pension bekommen! Vielleicht können Sie einmal umdenken. Umdenken, das ist es, was wir jetzt brauchen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir brauchen den Umstieg vom Generationenvertrag auf den Versicherungsvertrag. Sie aber versuchen mit Ihren Anreizen, einen nicht mehr haltbaren Generationenvertrag aufrechtzuerhalten. (Abg. Mag. Kukacka: Der ist sehr wohl haltbar! – Abg. Dr. Höchtl: Wir bekennen uns zu den Kindern! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Darüber sollten Sie nachdenken, aber umdenken ist etwas, was bei Ihnen offensichtlich nicht möglich ist!

Der Verfassungsgerichtshof begründet gar nicht, warum er diesen Maßstab am Gleichheitsgrundsatz anlegt. Ich frage mich auch, nach welchem Verständnis zwar der Unterhalt für Kinder, aber nicht der für die Ehepartner absetzbar sein soll. Zählt die Verantwortung für Ehepartner nicht? Können Sie mir diesen Unterschied begründen? (Abg. Haigermoser: Das ist aber ein gravierender Unterschied! Wirklich schlicht ist diese Frau!) Auch Ehepartner haben einen gegenseitigen Unterhaltsanspruch. Ich möchte wissen, warum das unterschiedlich beurteilt wird, sodaß zwar der Unterhalt von Kindern absetzbar ist, jener für Ehepartner aber nicht. (Abg.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite