Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 40

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Dritter mißlungener Aspekt: das doppelte Inkasso bei den Pensionisten. Sie haben die Subsidiarität bei den Sozialversicherungsbeiträgen aufgegeben, was bedeutet, daß Menschen, die sich in der Pension befinden und aufgrund der niedrigen Pension, mit der sie sonst auskommen müßten, etwas dazuverdienen, noch einmal Pensionsbeiträge zahlen müssen – für eine Pension, die sie nach ihrer Pension im Jenseits wohl nicht mehr beziehen werden können. – Das ist Zynismus pur!

Weiterer Aspekt: die Abgrenzung zwischen Selbständigen und Unselbständigen. Die ist Ihnen wieder mißlungen, denn Sie schaffen hier im ASVG einen komplizierten § 4 Abs. 4. Ich will das Hohe Haus mit den Details nicht langweilen, fest steht aber – auf den Punkt gebracht –, daß Sie für eine Auseinanderentwicklung von Steuerrecht und Sozialrecht einen weiteren "wertvollen" Beitrag geleistet haben. Denn es kann jetzt jemandem passieren, daß er zwar einkommensteuerpflichtig ist, aber im Sozialversicherungsrecht wie ein Lohnsteuerpflichtiger behandelt wird, und umgekehrt – mit all den Vor- und Nachteilen; den Nachteilen für den Betroffenen und den Vorteilen für die Stelle, die kassiert. Wird er nämlich einkommensteuerpflichtig behandelt, aber nach dem ASVG versichert, dann hat er die Sechstelbegünstigung der Lohnsteuer nicht, muß aber selber die Arbeitgeberbeiträge im ASVG-Bereich zahlen und umgekehrt.

Daher sage ich Ihnen: Diese Abgrenzung werden Sie einfacher machen müssen. Sie werden sich entschließen müssen, welche dieser beiden Rechtsmaterien die Priorität hat: das Steuerrecht oder das Sozialrecht. Wir plädieren für das Steuerrecht. Ist jemand einkommensteuerpflichtig, dann paßt er tendenziell in den Bereich des GSVG. (Abg. Dr. Trinkl: Was heißt "tendenziell"? Tendenziell ist es ja so! – Abg. Dr. Feurstein: Tendenziell ja!) Ja, und daher mache ich das einfach zur Entscheidungsgrundlage. Sehen Sie, ich habe ja darauf gewartet, daß Sie mir jetzt teilweise recht geben. Aber warum machen Sie es dann nicht wirklich so? Warum sagen Sie nicht, der Lohnsteuerpflichtige gehört zum ASVG, der Einkommensteuerpflichtige zum GSVG – um in Ihrem System zu bleiben?

Wir hätten dazu ja ganz andere Vorschläge, aber ich erspare es mir, jetzt im Detail darauf einzugehen. Wir sind überhaupt der Meinung, daß man ein einheitliches Steuerrecht schaffen sollte, daß man allen Menschen zutrauen sollte, daß sie Einkommensteuererklärungen abgeben können. Man könnte sich sehr viel Verwaltung und all diese Abgrenzungsfragen ersparen, wenn man beispielsweise das Jahreseinkommen zur Grundlage für alles machte. (Beifall beim Liberalen Forum.) Verstehen Sie mich? Dann bräuchten Sie nicht mehr zwischen den Schubladen hin- und herzuspringen wie der böse Krampus.

Zudem haben Sie jetzt die freiberuflich selbständig Erwerbstätigen entdeckt und sie in diesen Regelungen eingefangen. Sie haben aber übersehen, daß das gerade Leute sind, die sich auch vorher nicht einfach gehenließen, sondern die sich schon privat versichert hatten. Denen muten Sie jetzt zu, daß sie auf Pfiff innerhalb von vier, sechs, acht Wochen ihre bisherigen Versicherungsverhältnisse lösen und in die ungewisse Zukunft ihrer neuen Sozialversicherungspflichtigkeit hineinspringen.

Jetzt sind die Versicherungen, die diese Leute haben, im Regelfall aber kapitalgedeckt. Frau Kollegin Reitsamer gefällt das zwar nicht so gut, aber es ist so. Wenn nun jemand in ein kapitalgedecktes System Einzahlungen geleistet hat und dann plötzlich aussteigt, dann ist das nicht sehr günstig. Vor allem deshalb nicht, weil man nach drei, vier Jahren, wenn man dann vielleicht nicht mehr sozialversicherungspflichtig ist nach Ihren Vorschriften, weil man die betreffende Tätigkeit vielleicht nicht mehr wahrnimmt, in dieses alte System nicht mehr einsteigen kann. Diese Leute erleiden dadurch nennenswerte Verluste, aber Sie muten ihnen zu, daß sie über lange Strecken doppelte Beiträge zahlen.

Daher haben wir uns auch für diesen Punkt die Notbremse Nummer zwei überlegt. Diese Notbremse Nummer zwei ist ein Abänderungsantrag, den ich hiermit verlesen darf.


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