Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 67

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erreicht haben, aber Sie sollten einmal kritisch hinterfragen, ob Sie nicht vielleicht schon ein bißchen abgewetzt sind, hin und wieder, ob nicht Runderneuerungsbedarf gegeben ist. – Sie glauben, Sie erneuern sich in einem schnellen Tempo und mit Perfektion. Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Ihr Selbstbewußtsein ist bewundernswert, und ich schätze Selbstbewußtsein, nur: Irgendwann einmal wird es auch gefährlich, und das sollte man nicht ganz aus den Augen verlieren. Ich glaube, daß Sie durchaus etwas selbstkritischer sein könnten. (Abg. Schwemlein: Was für andere gilt, gilt aber auch für Sie! Das nehme ich schon an!)

Herr Schwemlein! Selbstverständlich, das gilt für mich, und das gilt für jeden Menschen. Aber im Gegensatz zu den meisten hier wird ein Unternehmer, wenn er sein Selbstbewußtsein falsch einschätzt, bestraft. Wenn ein Politiker sein Selbstbewußtsein falsch einschätzt, wird er pensioniert, zwar nicht mehr privilegiert, wie die "F" behauptet, in der Zwischenzeit nicht mehr privilegiert, aber er bleibt auch noch immer unbestraft. Das, Herr Schwemlein, könnten wir auch einmal diskutieren. Wir sollten ein Leistungsanreizsystem für Politiker diskutieren, und das sollte auf beide Seiten ausschlagen: auf die gute – dann soll er belohnt werden – und auf die schlechte – dann soll er bestraft werden –, so wie ein für seine Entscheidungen, für seinen Charakter, auch für seine Arroganz und für seine Überheblichkeit einstehender Unternehmer. Herr Schwemlein! Das ist der feine Unterschied! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Ich diskutiere das gerne, auch mit Ihnen, Frau Mertel! Gestern oder vorgestern war davon die Rede, daß eine der Segnungen von Beamten, Politikern und anderen privilegierten Gruppen, die nicht dem Wettbewerb ausgesetzt sind, ist: Sie müssen für ihre Fehlleistungen, für ihre Fehleinschätzungen nicht einstehen. Das ist der große Vorteil, und deshalb verteidigen Sie dieses Privileg auch so heftig, Frau Mertel! Das wissen Sie doch. (Abg. Edler: Das ist eine Unterstellung, was Sie da machen!)

Herr Schwemlein! Das ist halt einmal so. Lassen Sie mir wenigstens den einen kleinen Vorteil, den ich hier habe, und streiten Sie ihn mir nicht ab! (Abg. Schwemlein: Ich habe Sie auch schon besser erlebt!) – Herr Schwemlein! Ich höre schon auf, ich werde mich bemühen, dann wieder besser zu werden, Herr Schwemlein! (Abg. Dr. Khol: Aber heute bist du sehr ruhig!) Heute bin ich ruhig und sachlich, Andreas, das freut dich. (Abg. Dr. Khol: Gestern warst du laut und sachlich! – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen gesagt, dieser Brief des Herrn Bundeskanzlers Vranitzky war ein Brief, der dazu angetan war, die Macht zu erhalten. Ich behaupte: In den letzten zehn Jahren, seit die ÖVP in dieser Regierung ist – Herr Trinkl müßte das wissen –, waren die Steigerungen, die Sie hier angeführt haben, die sozialen Wohltaten, das anerkennenswerte soziale Niveau nicht nur ein Verdienst, sondern Sie haben das auch erkauft. Sie haben annähernd 1 000 Milliarden Schilling dafür aufgebraucht, an Staatsschulden angehäuft und zur Bezahlung der nächsten Generation überantwortet, meine Damen und Herren! Das ist eben die zweite Seite der Medaille.

Es ist unmöglich, über Pensionsreformen zu diskutieren, ohne diese entscheidende Frage mitanzusprechen. Herr Bundesminister Bartenstein! Sie haben fünf Kinder, wenn auch immer noch gefördert, so wie ich drei – und auch gefördert. Sie werden meine Hochachtung dann gewinnen, wenn Sie diesem Haus ein Gesetz vorlegen werden, wonach Millionäre keine Familientransfers mehr bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Dann werden Sie meine Hochachtung erhalten, Herr Bundesminister, vorher nur eingegrenzt, zwar durchaus in einem gewissen Maße, aber die unbedingte Hochachtung erhalten Sie dann, wenn dieser Gesetzentwurf kommt. (Abg. Wabl: Herr Kollege Haselsteiner! Dann nehmen wir den Millionären etwas mehr weg, dann wird es auch besser!)

Denken Sie daran, daß dieses Pyramidenspiel, dieses Vor-sich-Herschieben von Staatsschulden keine endgültige Lösung ist und daß das Vor-sich-Herschieben von nichtfinanzierbaren, auf einem Generationenvertrag beruhenden Pensionssystemen – diese sind nicht oder nur unter Opfern finanzierbar, die der jungen Generation nicht zumutbar sind – auch keine


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