Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 18

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Sie sollten sich einmal damit auseinandersetzen, daß diese Gesellschaft nicht weiter in zwei Klassen geteilt werden kann – die einen arbeiten in einem geschützten Bereich, während sich die anderen auf dem freien Markt um Arbeitsplätze raufen müssen. Diese gesellschaftliche Dimension hätten Sie in Ihre Verhandlungen mit einbringen müssen, denn dann hätten Sie sich mit Sicherheit leichter getan, einen Schritt weiterzukommen.

Aber was haben Sie getan? – Sie haben die Pensionsreform dazu benützt, auch jene Personengruppen in eine Pflichtversicherung einzubeziehen, die das am meisten trifft, nämlich die Kulturschaffenden. Ich erwähne das auch deshalb, weil heute das Kapitel "Bundeskanzleramt" zur Debatte steht, weil es hier auch um die Interessen der Kulturschaffenden und damit – ich unterstreiche das zweimal – auch um die Interessen dieser Gesellschaft geht. Es geht nämlich nicht darum, daß man damit irgendeiner Berufsgruppe etwas Gutes tut, sondern darum, zu erkennen, welche Ausstrahlung vom kreativen Potential einer Gesellschaft, also genau dieser Berufsgruppe, ausgeht und wie wichtig es ist, Kulturschaffenden einen entsprechenden Boden zu bereiten, sie nicht nur überleben zu lassen, wie Sie es gerade noch zulassen wollen, sondern ihre Kreativität zu fördern, indem man ihnen Chancen gibt und das nicht als Interessenpolitik, sondern als die eigentliche Gesellschaftspolitik versteht, weil man erkennt, daß Kunst und Kultur ein Faktor für diese Gesellschaft sind und deshalb gefördert gehören. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Was haben Sie getan? – Sie haben die Kulturschaffenden seinerzeit im Zusammenhang mit der unsäglichen Werkvertragsregelung nicht nur in eine Ecke gedrängt, sondern damals gerade noch einen Zeitpunkt offengelassen, bis zu dem diese Versicherungspflicht wie ein Damoklesschwert auf die Kulturschaffenden herunterfallen soll. Sie haben eineinhalb Jahre dazu Zeit gehabt.

Kollege Feurstein! Sie nicken jetzt! Ich habe die Presseaussendung des Kollegen Morak – ich sehe ihn nicht – in Erinnerung, in der er die Tatsache, daß der Zeitpunkt des Inkrafttretens nun um ein Jahr verschoben wurde, als Erfolg und Triumph der ÖVP gefeiert hat. (Abg. Dr. Feurstein: Nein!) Das halte ich wirklich für eine Verhöhnung! Glauben Sie, wir wissen nicht, was sich abgespielt hat?

Glauben Sie eigentlich, daß die Kulturschaffenden selber und die Parlamentarier in diesem Hause nicht gesehen haben, daß Sie eineinhalb Jahre lang genauso geschlafen haben wie Ihr Koalitionspartner und keinen Finger gerührt haben, um einen Ersatz für die Kulturschaffenden, etwa ein eigenes Modell für die Kulturschaffenden – "Künstlerversicherung" nennen wir es nun –, zu schaffen? – Nichts haben Sie getan!

Sie haben zugeschaut, als im Sozialausschuß angekündigt wurde, daß mit 1.1.1998 auch die Kulturschaffenden, völlig unabhängig davon, ob sie schon eine eigene Versicherung haben oder nicht, ob sie daher entweder zwei Versicherungen zahlen müssen – etwas, was in diesem Einkommensbereich keiner schafft – oder aber ob sie die erste aufgeben müssen und damit alles verloren ist, was sie an Eigenverantwortung bereits geleistet haben, womit ausgerechnet Sie sie nun bestrafen, in eine Pflichtversicherung einbezogen werden.

Sie haben dabei zugeschaut. Erst der organisierte Aufschrei der Kulturschaffenden einerseits und der Oppositionsparteien, in diesem Fall der Liberalen und der Grünen, andererseits hat dazu geführt, daß die Einführung nun verschoben und eine Arbeitsgruppe eingesetzt wurde. Tun Sie doch nicht so, als wäre das Ihr Erfolg! Die Betroffenen selber haben sich, unterstützt von Teilen der Opposition, organisiert! Dadurch wurden Sie erst dazu gebracht, etwas zu tun, wodurch wir nun eine Chance am Horizont sehen. Ob wirklich etwas herauskommen wird, ist noch eine große Frage! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ist das der "Macherkanzler"? Hat der "Macherkanzler" irgendeinen Finger in Richtung Gesundheitsreform gerührt, ein Problem, das uns immer wieder, und zwar wieder nicht nur aus Gründen der Unfinanzierbarkeit, sondern auch aufgrund gesellschaftspolitischer Weichenstellungen, beschäftigt?


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