Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 34

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Und das, Herr Feuerstein, ist der große Unterschied in der Auffassung: Die Erkenntnisse der Höchstgerichte sind zu respektieren. Die Erkenntnisse der Höchstgerichte haben hier in diesem Haus eine Debatte auszulösen – oder auch nicht; das wird auf den Einzelfall ankommen.

Dieses Erkenntnis in bezug auf die Familien wird eine Debatte auslösen, ja hat schon eine Debatte ausgelöst, und zwar in zweierlei Hinsicht: einmal vom Inhalt her, vom Thema her, weil Handlungsbedarf besteht und kein Konsens – das ist eine Seite –, und zum zweiten deshalb, weil man mit Recht feststellen muß – das sagen ja nicht nur die liberalen Abgeordneten aus Oppositionskeiferei, sondern das sagen ja auch andere, anerkannte Verfassungsexperten –, daß der Verfassungsgerichtshof in dieser Frage, unterstützt durch die Untätigkeit der Regierungskoalition, eindeutig seine Kompetenz überschritten hat. Darüber wird man wohl noch diskutieren dürfen, ohne bezichtigt zu werden, seine höchsten Organe geringzuschätzen oder zu mißachten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Eine Dissenting opinion ist so eine Selbstverständlichkeit in jedem ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) Daß Sie sie nicht wollen, das verstehe ich, und daß Sie sie mit gutem Grund nicht wollen, verstehe ich auch, daß sie aber ein demokratiepolitisches, ein klassisches Recht ist, das in jenes Gebilde gehört, in dem Sie nicht zu Hause sind, nämlich Minderheitenschutz oder Anhörung eines Schwachen, steht auch fest, denn das, meine Damen und Herren, ist ja das Wesen der Dissenting opinion: eine Chance für den Unterlegenen, sozusagen auch seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen. Das muß für Demokraten, für Menschen, die auf Ausgleich aus sind, Herr Feuerstein, die auf Ausgleich so viel Wert legen wie Sie, ein großes Anliegen sein. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Feurstein: Das ist ja ein Richterspruch!)

Es ist nämlich bei jeder Diskussion für den Unterlegenen wertvoll, zu wissen, warum er unterlegen ist. Und es ist für jeden, der gewinnt, wertvoll, zu wissen, mit welcher Stärke, mit welcher Überzeugung er gewonnen hat. (Abg. Dr. Fekter: Ein Urteil ist ja nicht abhängig von der Stärke!) Aber schauen Sie, Frau Fekter, das hat ja jetzt nichts damit zu tun, sondern es ist, wenn Personen miteinander umgehen, einfach wichtig, eine Dissenting opinion auch zu vernehmen, denn sonst werden Sie "blind" werden, meine Damen und Herren, werden Sie glauben, Sie haben 100 Prozent hinter sich, in Wirklichkeit aber nur mehr eine Minderheit. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wurmitzer: Auch die Liberalen haben nur eine Minderheit hinter sich!)

Ach, Wurm ...itzer! (Heiterkeit. – Abg. Wurmitzer: Das ist aber primitiv!) Schauen S’, Herr Wurmitzer, Ihre Antwort muß lauten: Arroganz! (Abg. Wurmitzer: Primitiv!) Das ist neu, aber bitte.

Lassen Sie mich noch zum letzten Punkt kommen, Herr Wurmitzer und meine Damen und Herren von der ÖVP, auch von der SPÖ! Es gibt da die berühmte "Lex Khol". (Abg. Dr. Fekter: Die Freiheitlichen berühren Sie nicht?) Die Freiheitlichen? – Es ist heute ein Glück, denn es gibt keinen Zeitdruck. Kennen Sie das? In der Debatte ist kein Zeitdruck, Sie dürfen ruhig mitdiskutieren. Ich bin gerne dazu bereit, aber ich habe den Vorteil der Mikrophone. Das ist Ihr Pech. (Abg. Schwarzenberger: Sie haben den Vorteil einer größeren Anzahl!) Vielleicht habe ich auch noch andere Vorteile, meine Herren, aber ich will sie jetzt einmal nicht behaupten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Frau Fekter, im Vergleich zu Ihnen habe ich natürlich nur Nachteile. Das ist ja klar, das ist keine Frage. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schwarzenberger: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung!) Ach, Herr Präsident, wie nett.

Lassen Sie mich aber ausführen, warum Herr Khol nach meinem Dafürhalten – und richten Sie ihm das aus – bei der Frage der Förderung von Druckschriften so irrt und nach meinem Dafürhalten auch so unredlich argumentiert. Im Absatz 2 werden Tatbestände angeführt, die zum Versagen einer öffentlichen Förderung führen. Die sind eine Selbstverständlichkeit, da sie, würden sie als Tatbestände gesetzt, gesetzlichen Vorschriften, geltendem Gesetz widersprächen. Es ist in dieser Republik verboten, nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten, und zwar nicht nur in Druckschriften, sondern selbstverständlich auch in Worten, wie Sie wissen. Wenn daher Herr Khol darauf Bezug nimmt, daß nach Vorstellung der Liberalen alles erlaubt sein soll, unter anderem nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten, muß ich ihm zwei Dinge sagen: Lieber Andreas, erstens wird dir das niemand glauben, denn die Liberalen in das nationalsoziali


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