Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 36

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die in ihrer bisherigen Tätigkeit jenen Bürgerinnen und Bürgern helfen sollte – und sehr, sehr oft auch geholfen hat –, die auf dem ordentlichen Rechtswege nicht mehr weitergekommen sind.

Für diese Ihre Tätigkeit, meine sehr geschätzten Damen und Herr Volksanwalt, darf ich Ihnen nicht nur im Ausschuß, sondern auch hier in aller Öffentlichkeit im Plenum herzlichst Dankeschön sagen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP) und Sie auch ersuchen, in Hinkunft gemeinsam mit uns – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – diesem Ziele der Hilfe für Bürgerinnen und Bürger näherzukommen und ihnen diese Hilfe auch weiterhin angedeihen zu lassen.

Die österreichische Volksanwaltschaft stellt international ein Vorbild dar. Sie hat vor allem beim Aufbau von Volksanwaltschaften in den ehemaligen Reformstaaten Hilfeleistungen gestellt. Also die österreichische Volksanwaltschaft gilt auch im Ausland etwas.

Probleme gibt es überall, Probleme hat die Volksanwaltschaft an uns, an den Gesetzgeber immer wieder herangetragen, und ich bin auch irgendwie ein direkt Betroffener, weil ich in den Kontakten zur Bevölkerung immer wieder mit einem Bereich besonders konfrontiert werde, nämlich mit dem Bereich Soziales.

Ich hatte persönlich erst vor wenigen Tagen mit einem ganz ähnlich gelagerten Fall zu tun, wie ihn die Volksanwaltschaft in ihrem 20. Bericht – dort betrifft es einen Fall aus Oberösterreich – schildert. Ich möchte darauf kurz zu sprechen kommen, weil ich glaube, daß der Gesetzgeber diesbezüglich in den nächsten Monaten schon gefordert ist. Es geht nämlich um das Antragsprinzip. Das heißt, wenn nicht rechtzeitig beantragt wird, dann kann es auch zu keiner Zuerkennung von berechtigten Leistungen im Sozialbereich kommen. Nun wissen wir aber alle, daß die Rechtskenntnis von verschiedenen Dingen abhängig ist, vor allem vom sozialen Status, also von der Schichtzugehörigkeit, von der Schuldbildung und auch von der regionalen Herkunft, daß also häufig diejenigen, die der Hilfe bedürften, gar nicht wissen, welche Rechte hinter ihnen stehen und welche Rechte sie daher ausschöpfen könnten.

Ich nehme Bezug auf einen Fall, den Sie auf Seite 32 in Ihrem Bericht geschildert haben, wonach jemand, der aufgrund des Impfschadengesetzes seit 29 Jahren eine soziale Leistung hätte empfangen können, diese nicht bekommen hat. Und genau von so einem ähnlichen Fall habe ich vor wenigen Tagen gehört, und ich weiß noch nicht, wieweit wir in diesem konkreten Fall Hilfestellung bieten können.

Ich meine also, daß der Gesetzgeber gefordert wäre, bei diesem Antragsprinzip auch eine rückwirkende Zuerkennung von Leistungen, und zwar zumindest bis zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches, höchstens jedoch – natürlich muß man das einschränken – für die Dauer von fünf Jahren ab dem Tag der Antragstellung, zu beschließen. – Das ist das eine Problem.

Das zweite Problem, das sich im Sozialbereich immer wieder stellt, ist das Problem des sozialversicherungsrechtlichen Herstellungsversuches, das heißt, die Verpflichtung der Sozialversicherungsträger zu Auskunft und Beratung gesetzlich zu verankern. Denn wenn beispielsweise jemand, der einen Antrag auf Pension gestellt hat, abgewiesen, auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet wird, in der Zwischenzeit aber ein höchstgerichtliches Urteil bescheinigt, daß er recht gehabt hätte, er aber keine Auskunft bekommen hat, daher den Antrag auch nicht stellen konnte, dann fällt er durch das soziale Netz.

Auch wenn es organisatorisch seitens der Sozialversicherungsträger Probleme geben mag, geht es um die rückwirkende Herstellung eines gesetzlichen Zustandes. Daher, meine sehr geschätzten Damen und Herren: Ringen wir uns durch zur gesetzlichen Schaffung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches!

In der Hoffnung auf eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Volksanwaltschaft und Hohem Hause möchte ich diese meine kurzen Ausführungen beenden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.20


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