Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 51

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Sehr geehrte Frau Ministerin! Am Prinzip der Mitversicherung weiter festzuhalten – Ihre Ministerkollegin Hostasch hat gesagt, das wäre ein wesentliches Kriterium der Familienpolitik –, wird sich immer wieder als Bumerang für die Frauen erweisen. Solang Frauen in ihrer sozialrechtlichen Absicherung vom Ehemann oder ausschließlich von der Erwerbstätigkeit abhängig sind, können Sie im Rahmen dieser sogenannten Pensionsreform für Frauen keine Lösung finden. Da brauchen Sie neue Ansätze, ein ganz anderes Denken.

Ich möchte Sie gerne einladen, sich auch in diesem Zusammenhang einmal mit unserer Grundsicherung im Detail auseinanderzusetzen. Das ist ein Meilenstein in der Frauenpolitik. Damit wird eine soziale Absicherung, die existentielle Grundsicherung eben, auch von Frauen unabhängig von Erwerbstätigkeit oder Ehe sichergestellt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben nach wie vor die Situation, daß etwa 430 000 Frauen überhaupt keinen eigenen Pensionsanspruch haben. Wir haben die Situation, daß 350 000 Frauen zwar einen eigenen Pensionsanspruch haben, dieser aber nur durchschnittlich 7 200 S beträgt. Und selbst wenn Frauen einen eigenständigen Anspruch haben und Witwenpension beziehen, kommen sie erst auf die durchschnittliche Pensionshöhe von Männern.

Es zeigt sich ganz deutlich: Die Frauenproblematik ist im Rahmen dieses Pensionssystems nicht zu regeln. Dieses Pensionssystem mit den insgesamt durchgeführten Reparaturen wird aber auch die Pension für alle anderen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Zukunft nicht sicherstellen können.

Sie haben die geringfügig Beschäftigten jetzt in die Sozialversicherungspflicht mit einbezogen. Auch das ist für diese Frauen keine Lösung. Jene Frauen, die in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, sind in finanziell sehr, sehr schwierigen Situationen. Die Freiwilligkeit der Versicherung stellt sich für diese Frauen nicht. Sie können es sich schlicht und einfach nicht leisten, diesen freiwilligen Versicherungsbeitrag zu bezahlen. Daher reduziert sich die sozialrechtliche Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten eigentlich, möchte ich fast sagen, ziemlich provokant etwas hintergründig auf eine einnahmenseitige Sanierung in diesem Bereich. Sie wird den Frauen nicht zugute kommen. Es wird damit eine arbeitskostenerhöhende Maßnahme gesetzt, aber die Absicherung der Frauen können Sie dadurch nicht erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insbesondere durch die neuen Zahlen im Zusammenhang mit Armut hier in Österreich ist ja wieder deutlich geworden, daß gerade Alleinerzieherinnen davon überproportional betroffen sind, genauso wie Frauen in ländlichen Regionen, in denen insbesondere ein großer Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen besteht.

Frau Ministerin! Wenn Sie heute hier sagen, da müsse man einfach die Länder in die Pflicht nehmen, man habe doch mit 600 Millionen Schilling viel getan, möchte ich Sie alle daran erinnern: Diese 600 Millionen Schilling des Bundes für die Kinderbetreuung waren ein Trostpflaster nach den wirklich erschreckenden Ergebnissen der Sparpakete I und II für die Frauen. Es hätte 1 Milliarde sein sollen. Mit diesen 600 Millionen Schilling finanziert der Bund ja nicht ausschließlich die Einrichtung von Kinderbetreuungsstellen. Die Länder haben ohnehin ihren Beitrag zu leisten. Ich fordere Sie hier wirklich auf, sich zumindest für die noch offenstehenden 400 Millionen Schilling stark zu machen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Kollegin Kammerlander hat ja schon gesagt: 140 000 Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen und 10 000 konnten jetzt neu geschaffen werden. Ich möchte gar nicht darauf eingehen, daß wir nach wie vor eine drastische Unterversorgung bei den unter 2- bis 3jährigen Kindern haben, was natürlich die Alleinerzieherinnen in besonderem Maße trifft, da die Karenzzeit für diese Frauen ja de facto auf eineinhalb Jahre verkürzt wurde. Ich vermisse auch Maßnahmen von Ihrer Seite, um im Bereich der Kinderbetreuung Privatinitiativen zu fördern, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die selbstorganisierten Kindergruppen gleiche Chancen geben. Das geht bis zur Möglichkeit der steuerlichen Absetzung von Kosten für die Kinderbetreuung.

Was den Betriebskindergarten im Bundeskanzleramt betrifft: Die Kinder dort haben wirklich mein größtes Wohlwollen. Ich gönne ihnen eine optimale Betreuung. Aber wenn ich mir vorstelle, welches Privileg für 20 bis 30 Kinder geschaffen wird und um welchen Preis, dann frage


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