Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 56

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Menschen aus unserer Umgebung. Dieses Bewußtsein ist es auch, das dieser NS-Opfer-Gedenktag weiter unterstreichen und weiter schaffen soll.

Ein zweiter Aspekt an diesem Gedenktag ist mir besonders wichtig: Menschenverachtende Ideologie, die dermaßen in politisches Handeln eingebettet ist, entwickelt sich nicht von einem Tag auf den anderen. Sie entwickelt sich schrittweise; am Anfang kaum beachtet, weil für manche auch von den Auswirkungen her noch nicht abschätzbar. Das sind in erster Linie die Erfahrungen, die die Österreicher, die wir mit der NS-Zeit gemacht haben, und das ist es auch, was wir künftigen Generationen weiterzugeben haben, nämlich die hohe Wachsamkeit und Einsicht in die grundsätzliche Verführbarkeit eines jeden Menschen.

Wir dürfen nicht den Standpunkt vertreten, daß wir erst dann Widerstand zu leisten haben, wenn wir persönlich von Menschenrechtsverletzungen oder solchen Vorgängen betroffen sind, sondern wir müssen – dafür sind wir als Abgeordnete des Nationalrates verantwortlich – die Entwicklung undemokratischer, rassistischer, nationalistischer und menschenverachtender Einstellungen bereits in den Anfängen er kennen, sie bekämpfen und abwehren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe, daß dieser Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus gegen Gewalt und Rassismus eine formale Voraussetzung für diese Aktivitäten schaffen kann, daß eben gemeinsames Erinnern – man kann es nicht oft genug sagen – an millionenfachen Mord an Juden, Roma und Sinti, an Widerstandskämpfern und auch an anderen vom Nationalsozialismus verfolgten Bevölkerungsgruppen wichtiger denn je zuvor ist; vor allem, weil die Geschehnisse schon so lange zurückliegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein Faktum, daß wir in einem Land leben, das zwei Vergangenheiten zu bewältigen hat – so sehr ich das bedauere –, nämlich die Vergangenheit des Nationalsozialismus auf der einen Seite und die Vergangenheit der fortgesetzten Demütigung der Opfer in der Zweiten Republik auf der anderen Seite. Davor sollten wir die Augen nicht verschließen! Wenn dieser Gedenktag ein ganz kleiner Beitrag dazu sein kann, daß jährlich an diese beiden Verantwortungen – auf der einen Seite an die Mitverantwortung und auf der anderen Seite an die Verantwortung für das Verdrängen und Vergessen der Opfer – erinnert wird, daß das auch ein Ende hat – ich sehe diesen Gedenktag als einen ganz wesentlichen aktiven Schritt der Republik dazu –, dann soll diese andere Haltung gegenüber den Opfern – um die geht es in erster Linie –, die wir unseren Kindern und nachfolgenden Generationen weitergeben wollen, ein Schritt sein, um uns von dieser Hypothek der Mitverantwortung zu befreien. Dazu stehe ich.

Ich möchte jetzt all jenen danken, die bei der Einführung dieses Gedenktages initiativ gewesen sind, und hoffe sehr auf eine tatsächlich würdige Form der Gestaltung dieses ersten Gedenktages im nächsten Jahr.

Damit komme ich zum zweiten Punkt meiner jetzigen Ausführungen. Das ist der Punkt, der wirklich mit dem Budget zu tun hat – nicht mit der Frau Bundesministerin Prammer, aber ich muß jetzt sie anschauen, weil sonst niemand auf der Regierungsbank sitzt –: die Volksgruppenförderung. Wir haben schon letzte Woche beim 2. Budgetbegleitgesetz darüber gesprochen, was das für die Volksgruppenförderung in Österreich bedeutet. Somit wiederhole ich dies heute nur noch sehr kursorisch, weil ich dazu noch zwei Abänderungsanträge einbringen möchte.

Der erste Abänderungsantrag steht im Zusammenhang mit der Publizistikförderung. Das Gesetz dazu ist letzte Woche geändert worden. Nachdem das Gesetz mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit, von Koalitionspolitikern beschlossen wurde, ist – und da in erster Linie von Herrn Dr. Khol – öffentlich, aber auch in Briefen an Organisationen immer wieder beteuert worden, dieses Gesetz habe überhaupt keine Auswirkungen auf die Volksgruppenförderung. Sinngemäß – wörtlich kann ich es nicht wiedergeben – ist immer wieder gesagt worden, es sei das keine Einschränkung der Volksgruppenförderung, weil ja nur von einem Topf auf einen anderen verwiesen werde.


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