Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 116

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19.29

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Fekter hat über den Opferschutz gesprochen. Ich kann Ihnen aus der Praxis versichern: Eine Verbesserung des Opferschutzes, geschätzte Frau Kollegin Fekter, kann nicht allein darin bestehen, daß man eine Informationsbroschüre, ein Informationsblatt bei den Gerichten auflegt. Damit wird man sich nicht begnügen können, wenn man den Opfern zu einem verbesserten Durchbruch und zu einer verbesserten Rechtsverfolgung verhelfen möchte.

Bei der Abwägung der Täterrolle, der Beschäftigung mit dem Täter einerseits und der Beschäftigung mit dem Opfer andererseits scheint mir in der Vergangenheit in der Diskussion vieles schiefgelaufen zu sein. So haben sich die Diskussion und auch die Reformen vielfach am Täter orientiert und viel zu wenig am Opfer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten ist dieses Opferschutzdefizit ganz klar zutage getreten. Ich spreche die Affären um Kinderschändung an, insbesondere auch im gleichgeschlechtlichen Bereich. Im Frühsommer und im Sommer wurden wir geradezu mit einer Welle von derartigen Delikten konfrontiert, und in diesem Zusammenhang ist eine ganz grobe Ungerechtigkeit zutage getreten. Diese Ungerechtigkeit besteht darin, daß der der Kinderschändung Beschuldigte, wenn er sich keinen Anwalt leisten kann, sehr wohl auf "Regimentsunkosten", sprich auf Kosten des Steuerzahlers, einen Verteidiger beigestellt bekommt, das geschändete Kind aber, das wahrscheinlich ein Leben lang an den körperlichen Verletzungen, aber vor allen Dingen an den seelischen Schmerzen laborieren wird und dessen sexuelles Empfinden durch derartige Schändungsakte oftmals ein Leben lang gestört bleibt, keinen Anspruch auf Verfahrenshilfe hat, wenn es darum geht, diese Rechte als Privatbeteiligter geltend zu machen.

Frau Kollegin Fekter, hinsichtlich des Informationsblattes haben Sie naturgemäß völlig recht. Das möchte ich gar nicht in Abrede stellen. Aber das ist doch ein Nebengleis, zwar ein sehr wichtiges Thema, aber doch beileibe nicht jenes, das im Zentrum unserer Interessen, im Zentrum unserer Debatte stehen müßte. Die Debatte geht wirklich darum, wie dem Opfer geholfen werden kann. Man darf sich nicht immer nur am Täter orientieren.

Ich möchte hier gegen eine Tendenz in der gesamten Justizpolitik auftreten, nämlich gegen die Tendenz – so eigenartig das anmuten mag – einer Entkriminalisierung des Strafrechtes. Das ist ja schon ein Widerspruch in sich. Von mir persönlich – und ich nehme an, auch von meiner Fraktion – wird es keine Zustimmung zum außergerichtlichen Tatausgleich geben, wenn dieser außergerichtliche Tatausgleich auch bei durchaus schwerwiegenden Delikten vorgesehen ist. Man sagt, das sei ein Opferschutz, in Wahrheit meint man aber einen Täterschutz. Und es kann nicht angehen, daß Schwerstdelikte, die begangen werden – räuberischer Diebstahl oder Raub –, heute mit einem außergerichtlichen Tatausgleich gleichsam am Richter vorbei abgehandelt werden können. Man redet das unter Opfer und Täter aus, man bezahlt Schadenersatz, man hat keine Vorstrafe – so kann es nicht gehen! Dieses Vorhaben, meine Damen und Herren, ist ein Widerspruch in sich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es kann keine Entkriminalisierung des Strafrechtes geben, weil dann hört sich das Strafrecht insgesamt auf! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Dann hört sich alles auf!)

Ich sage noch folgendes, auch wenn es in Abrede gestellt wird und nicht dem Zeitgeist entsprechen mag: Ein wesentlicher Zweck einer Strafe ist noch immer auch die Abschreckung möglicher Nachahmungs- oder sonstiger Täter. Dieser Strafzweck ist in vollem Umfang aufrechtzuerhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Auer. )

Meine Damen und Herren! Ein anderes Kapitel betrifft die Geschwindigkeit der Verfahren. Das Vertrauen in die Justiz ist das Fundament unserer Rechtsordnung. Nun hängt das Vertrauen in die Justiz insbesondere davon ab, wie schnell der Bürger zu seinem Recht kommt, wie schnell bei Gericht Recht gesprochen wird. Schnelle Erledigung, ein rasches Urteil ist für den Bürger gefragt. Da scheint mir ein großes Defizit vorzuliegen.


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