Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 127

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Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund der komplexen Bestimmungen und der Rücksichten auf das EU-Recht scheint das Recht immer weiter vom Bürger wegzurücken. Wo wir Verantwortung tragen, müssen wir diesem Trend entgegenwirken. Wir müssen alle organisatorischen Maßnahmen so setzen, daß auch im Bereich der Justizverwaltung die Kundenorientierung im Mittelpunkt steht. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim ist der nächste Redner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.20

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Trinkl! Zu Ihrem Beitrag möchte ich eine ganz kurze Anmerkung machen: Sie haben erklärt, daß beim Strafrecht für Sie Opferschutz vor Täterschutz gehe. – Ich glaube, mit dieser Äußerung – das gilt auch für einige Vorredner – bewegt man sich an der Grenze der Grundsätze des Strafrechtes.

Sie sprechen im Zusammenhang mit "Tätern" offensichtlich von Verurteilten. Im Strafverfahren sprechen wir allerdings von "möglichen Tätern", und für diese möglichen Täter gilt als eine der tragenden Säulen des Strafrechtes die Unschuldsvermutung. Daher kann man, wie ich meine, nicht sagen: Für uns geht Opferschutz vor Täterschutz. Denn damit entfernen Sie sich von dieser tragenden Säule der Unschuldsvermutung im Rechtssystem des Strafrechtes. Ich glaube, daß eine derartige Argumentation einfach nicht möglich sein sollte! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forum.)

Wir haben natürlich die Rolle des Opfers entsprechend zu würdigen. (Abg. Mag. Stadler: Können wir uns darauf einigen, daß das Opfer im Strafverfahren bekannt ist?) Herr Kollege! Wir haben logischerweise dafür Sorge zu tragen, daß all jene, die als Opfer betroffen sind, über ihre Rechte informiert sind. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Herr Kollege Stadler! Ich weiß nicht, ob Sie die Debatte verfolgt haben. Das Opfer ist im Strafverfahren sehr wohl bekannt, hingegen ist nicht bekannt, ob derjenige, der auf der Anklagebank sitzt, tatsächlich der Täter war, Herr Kollege! Daher können Sie nicht sagen: Unabhängig davon, was tatsächlich vorgefallen ist, soll der Umstand, daß das Opfer betroffen ist, dazu führen, daß der Angeklagte – unabhängig vom tatsächlichen Sachverhalt – zu verurteilen ist. Sprich: Sie bringen hier ein emotionales Element ein! (Abg. Mag. Stadler: Sie reden einen unheimlichen Schmarr’n daher!)

Herr Kollege! Das ist absolut nicht verträglich mit unserem Strafrechtssystem, das muß man Ihnen leider Gottes vorhalten! Wenn wir diese Debatte jetzt führen und wenn Sie gleichzeitig sagen, daß Sie dem außergerichtlichen Tatausgleich nicht zustimmen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, weil Sie meinen, daß Opferschutz vor Täterschutz geht und weil Sie meinen, daß im Entwurf für den außergerichtlichen Tatausgleich vorgesehen ist, daß auch Straftaten mit einem Strafausmaß bis zu fünf Jahren darunter fallen sollen, dann möchte ich Ihnen nur sagen: Sie sollten sich den Entwurf vielleicht wirklich einmal anschauen!

Der Herr Bundesminister hat es vorhin schon ausgeführt: Vorgesehen ist, daß erstens die Schuld des Verdächtigen nicht schwer sein darf und daß zweitens die Bestrafung weder geboten erscheint, um den Verdächtigen von strafbaren Handlungen abzuhalten, noch um der strafbaren Handlung durch andere entgegenzuwirken. Es geht um Spezial- und Generalprävention. Wenn Sie nicht einsehen, daß das eine vernünftige Maßnahme ist – noch dazu, wo ja vorab eine Entschädigung des Opfers durch den Täter stattfinden muß und es erst dann zu diesem Tatausgleich kommen kann –, und wenn Sie nicht der Meinung sind, daß auf diese Weise eine für das Opfer wesentlich günstigere Regelung getroffen worden ist, als sie bis dato besteht, dann kann ich Ihnen leider Gottes nicht helfen!

Ich möchte abschließend noch ganz kurz etwas zum Zivilrecht sagen: Das Übernahmerecht steht derzeit zur Diskussion. Es gibt umfangreiche Vorbringen sowohl der Bundesarbeiterkammer als auch der Bundeswirtschaftskammer dagegen, es gibt erhebliche Einwendungen gegen den derzeitigen Entwurf. – Der Entwurf geht davon aus, daß die Rechte der Minderheitsaktionäre zu stärken sind, was vollkommen zu unterstreichen ist. Der Entwurf sieht weiters ein relativ


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