Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 8

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gang Schüssel für die Diplomatische Akademie aufgewendet? (Abg. Haigermoser: Wieviel? Ich bin neugierig!)  – Zum zweiten Mal ungefähr das Doppelte, nämlich rund 30 Millionen Schilling.

Herr Dr. Schüssel! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Ihnen sage: Grau bis schwarz ist bei Ihnen die Theorie. Ich habe bei Ihnen überhaupt das Gefühl – seien Sie mir auch deswegen nicht ungehalten –, daß Sie die Dinge nicht nur relativ locker niederschreiben, sondern auch relativ locker vor sich her plaudern. Das letzte Mal ist das in der Fernseh-"Pressestunde" geschehen, in der Sie allen Ernstes – das ist ja natürlich auch ein außenpolitisches Thema – behauptet haben – ich zitiere –: Die Menschen sind mit dem Euro besser vor Inflation und Geldentwertung geschützt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ich weiß nicht, war das jetzt Solidarität, war es die gleiche Unwissenheit oder Liebe zur Halbwahrheit, die Herrn Dr. Schüssel beseelt (Beifall bei den Freiheitlichen – Abg. Dr. Lukesch: Ökonomische Vernunft!), die Sie soeben durch Ihr Klatschen dazu zum Ausdruck gebracht haben. Halbwahrheiten sind so typisch für Herrn Dr. Schüssel und für die Österreichische Volkspartei.

Ich frage mich immer wieder – bei Ihnen nicht, Herr Kollege Kiss, aber beim Herrn Vizekanzler –: Weiß er es nicht besser, oder sagt er bewußt die Unwahrheit oder – im konkreten Fall – die Halbwahrheit? (Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Die Wahrheit ist nämlich, daß die Menschen in den sogenannten Weichwährungsländern mit dem Euro besser vor der Inflation und vor der Geldentwertung geschützt sein werden als bisher – keine Frage, Herr Dr. Schüssel! Aber genau umgekehrt verhält es sich in den Hartwährungsländern wie Österreich. In diesen ist genau das Gegenteil der Fall. Die Einführung des Euro wird in diesen Ländern zu einer höheren Geldentwertung und zu einer höheren Inflation führen. (Abg. Dr. Lukesch: Wieso, Herr Bauer? – Abg. Schwarzenberger: Das versteht er ja nicht!) – Moment! (Abg. Dr. Lukesch: Sie zählen die Inflationsraten zusammen und dividieren dann!)

Herr Professor, daß Sie das nicht verstehen, glaube ich. Sie sind ja, glaube ich, Jurist oder so irgend etwas. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Was sind Sie? Sie sind Jurist?!)  – Was, Volkswirtschaftler sind Sie?! Das ist ja entsetzlich. Dann legen Sie Ihre Professur zurück, Herr Professor!

Herr Professor! Für Sie einmal ganz einfach: Wissen Sie, wenn Sie ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Wie soll ein Jurist etwas von der Volkswirtschaft verstehen? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Lukesch: Sie sind Jurist? Staatswissenschaftler? – Abg. Dr. Khol: Nein, Journalist!) – Nein. Absolvent der Wirtschaftswissenschaften, wenn Sie wollen: Absolvent der Hochschule für Welthandel. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Nur keine Aufregung, ich weiß ja, warum Sie nervös sind: weil Sie nämlich keine Ahnung haben (Abg. Dr. Lukesch: Ihre simple Theorie macht uns nervös!), wovon hier die Rede ist, keine Ahnung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher für Sie ganz einfach – Einführungskurs; dafür brauchen Sie keine Hochschule zu besuchen, dazu reicht Logik allein –: Wenn Sie – lassen wir einmal das Mengenverhältnis beiseite – harte Währungen und weiche Währungen zu einer gemeinsamen Währung mischen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der Österreichischen Volkspartei, dann kann diese gemeinsame Währung aus harten und weichen Währungen nicht genauso hart sein wie die härteste Währung. Begreifen Sie das? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Nein, das ist falsch! Ihre Milchmädchenrechnung ist falsch! – Weitere Zwischenrufe.) – Daß Sie das nicht begreifen, habe ich befürchtet.

Ich empfehle Ihnen daher, wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Außenminister tiefer in diese Materie eintauchen wollen: Lesen Sie die entsprechende Broschüre des Wirtschaftsforschungsinstitutes. Darin steht das sehr einfach und durchaus verständlich – daher, nehme ich an, auch für Sie begreifbar –, auch ein bißchen ausführlicher, als ich es Ihnen jetzt aufgrund der Redezeit, die mir zur Verfügung steht, hier darlegen kann.


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