Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 9

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Sie können sich aber selbstverständlich auch, Herr Dr. Schüssel, wenn Sie diese dicke Broschüre nicht lesen wollen, an Ihren Freund Tietmeyer halten, den Sie ja besonders schätzen, wie wir wissen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Er hat gesagt: Ich habe große Sorge, daß der Euro weich und labil werden wird. – Tietmeyer, nicht Bauer. Was auch immer Sie von ihm persönlich halten mögen, Herr Vizekanzler – ich weiß das nicht so genau; vor dem Frühstück so und nach dem Frühstück war es ja anders –, eine gewisse Sachkompetenz werden Sie doch dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank in dieser Frage nicht absprechen wollen. Er hat Ihnen gesagt: Ich habe große Sorge, es wird ein weicher und labiler Euro werden.

Und was bedeutet ein weicher und labiler Euro für ein Hartwährungsland, Herr Vizekanzler? – Schleichenden Kaufkraftverlust, logischerweise. Ich kann jetzt auch nicht in aller Breite hier darlegen, warum das so ist, aber der Zusammenhang zwischen weicher Währung, Inflation, Kaufkraftverlust wird ja geläufig sein, meine sehr geschätzten Damen und Herren.

Daher war es auch wieder eine typische Halbwahrheit, ein typischer "Schüssel-Sager" bei dieser "Pressestunde", als Sie gesagt haben, der Wert der Sparguthaben werde durch die Umstellung vom Schilling auf den Euro ganz sicher nicht beeinträchtigt werden. – Halbwahrheit, Herr Vizekanzler!

Am Tag der Umstellung wird der Wert nicht beeinträchtigt sein, weil ich davon ausgehe, daß die Banken den Kurs, der festgelegt worden ist, korrekt umrechnen. Aber, Herr Vizekanzler und meine geschätzten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, schauen Sie sich die Kaufkraft der Sparguthaben etwa ein Jahr später an. (Abg. Dr. Lukesch: In Dollar, in Yen oder in was?)

Wenn Sie das genauer wissen wollen, dann lesen Sie wieder in der Broschüre des Wirtschaftsforschungsinstitutes nach; finanziert und gesponsert von der Regierung und Ihnen nahestehenden Sozialpartnerinstitutionen, also nicht von den Freiheitlichen. Lesen Sie nach! Dort steht drinnen, wie hoch die Entwertung, der Kaufkraftverlust bei einer Zusammenführung der Währungen, so wie sie jetzt geplant ist, sein wird. (Abg. Dr. Lukesch: Die Innen- oder die Außenkaufkraft? – Weitere Zwischenrufe.) Sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis, Herr Professor! Lesen Sie das nach!

Wenn Sie mir das nicht glauben, vielleicht glauben Sie es dann einem Kollegen von Ihnen, Herr Professor, und zwar Herrn Wilhelm Hankel,, er ist der Inhaber des Lehrstuhls für Währungs- und Entwicklungspolitik an der Universität Frankfurt. Er sagt folgendes:

Der Euro kommt als Weichwährung zur Welt. Für die Sparer wird das verheerende Auswirkungen haben. Die Abwertung der Hartwährungen ist bereits in vollem Gange und wird sich weiter fortsetzen. – Das sagt der Herr Kollege von Ihnen, von dem ich annehme, daß er zumindest soviel versteht wie Sie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Vizekanzler! Sie werden von mir keine Empfehlung und auch keinen Rat annehmen – ich verstehe das auch –, aber Sie sollten, bevor Sie so dahinplaudern, ein bißchen mehr Informationen einholen, ein bißchen mehr nachdenken, denn dann kämen solche Dinge wie in der "Pressestunde" oder bei Ihrem Frühstück nicht zustande. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Er hat ja die falsche Rede erwischt! – Abg. Kiss: Das Kapitel "wirtschaftliche Angelegenheiten" kommt beim nächsten Tagesordnungspunkt!)

9.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.17

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ich bitte den Kollegen Holger Bauer, daß er nicht ungehalten ist, wenn ich auf die vielen Vorwürfe und Ausführungen, die er gebracht hat, nicht eingehe, denn mir fällt dazu


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