Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 17

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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Redezeiten sind auch für Erstredner – und das ist auch ein Ergebnis der Demokratisierung in diesem Hause – kürzer geworden, sodaß man nicht mehr über alles seine außenpolitischen Ergüsse ausbreiten kann, sondern man sich auf wenige Punkte beschränken muß. Ich möchte heute einen Punkt ansprechen, der in den meisten EU-Debatten in diesem Haus, auch in den Debatten in den Ausschüssen und im Hauptausschuß über EU-Fragen untergeht.

Wir diskutieren sehr intensiv darüber, wie die EU aussehen soll. Wir diskutieren über die Erweiterung, wir diskutieren über einzelne Bereiche. Wir haben den Euro und die Frage der Beiträge und der Finanzen diskutiert. Aber es neigt natürlich jedes Land – und auch wir – dazu, vorerst die Dinge – das ist auch legitim – zu besprechen, die unmittelbar das Land betreffen, die eine Fortsetzung der Innenpolitik sind, die erkennbare rechtliche und budgetäre Auswirkungen haben und die Menschen unmittelbar betreffen.

Ich glaube, es ist wichtig, daß wir auch hier stärker darüber sprechen, welche Rolle die EU in der Welt spielen soll; also die EU als Faktor der Weltpolitik. In der Frage Wirtschafts- und Währungspolitik ist dies mit der Euro-Debatte ohnedies schon geschehen. Auf uns kommt aber die Frage zu, wie sich die EU gegenüber den Entwicklungsländern – Lomé und damit verbundene Fragen – verhält. Auf uns kommt folgende Frage zu: Wie stark wird, soll und kann dieses Europa in der Welt sein?

Da hat es nach der globalen Entwicklung – daß sich eine Supermacht, nämlich die Vereinigten Staaten, herausgebildet hat – eine gewisse Änderung der Haltung, auch in der amerikanischen Politik, gegenüber der EU gegeben. Hat vor Jahren noch Skepsis bis Ablehnung gegenüber dem Binnenmarkt, gegenüber dem Euro, gegenüber der Einigung, gegenüber der wirtschaftlichen Kraft bestanden, was – wir erinnern uns alle – am stärksten im Jahre 1992 beim Gipfel in Lissabon zum Ausdruck gekommen ist, so sehen wir da seit einiger Zeit einen gewissen Wandel. Es gibt eine Debatte – auch in den Vereinigten Staaten –, die ihren Niederschlag in europäischen Zeitungen und bei vielen Kommentatoren gefunden hat. Man hat nämlich auch in den USA überlegt, ob sie nicht verlangen und wünschen sollten, daß Europa die Vereinigten Staaten in den Ansprüchen der globalen Interessen, der weltweiten Handlungsfähigkeit, vor allem im Management, in der Weltpolitik, unterstützt und sich nicht mehr allein auf die Stabilisierung der EU selbst und des Kontinents beschränkt.

Am deutlichsten hat das – in einem Buch und in zahlreichen Vorträgen – in den letzten Monaten Brzezinski ausgedrückt, der sogar zugespitzt davon gesprochen hat, daß Europa, statt ein freiwilliges Protektorat Amerikas zu sein, ein echter Partner werden müsse, was aber auch heißt, daß Europa wirtschaftliche, finanzielle, aber auch sicherheitspolitische Verpflichtungen auf sich nimmt. Uns  – oder Europa – muß in diesem Zusammenhang klar sein, daß ein solch gleicher oder ähnlicher Rang sicherlich nicht ohne gleichgestellte Beteiligung an den Entscheidungen in der Weltpolitik kommen kann.

Die Überlegung ist, daß Europa zur Weltmacht heranreift und damit Amerika in den Machtfunktionen in der Welt entlastet. Das ist auf den ersten Blick etwas Richtiges, Positives und Begrüßenswertes. In der Finalität, in der Absicht, statt mit einer Supermacht mit einer zweiten, schwächeren zu teilen und die anderen nicht mitreden zu lassen, kann dieses Modell natürlich keineswegs akzeptiert werden. (Beifall des Abg. Wabl. )

Unsere Antwort darauf müßte sein: Ja zu dieser Rolle Europas! Ja zu diesem Sharing, auch mit den Vereinigten Staaten, aber nicht mit der Absicht, zwischen zweien die Macht aufzuteilen, sondern gemeinsam die Macht dazu zu nützen, daß die Instrumente von Recht und Ordnung, von Gerechtigkeit und Sicherheit in der Völkergemeinschaft ausgebaut und gestärkt werden! (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Da stellt sich nun die Frage nach den Vereinten Nationen. Wie können die Vereinten Nationen verändert, gestrafft und finanziell in Ordnung gebracht werden, damit sie als die Organisation, die diesem Zweck als einzige ganz nahe ist, diese Funktion in Zukunft verbessert und ohne die Probleme der Gegenwart wahrnehmen kann? Ich bin sehr froh, daß Österreich, das Außenamt, der Außenminister, die zuständige Abteilung und unsere Vertretung in Washington auf diesem


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