Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 32

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künftig zu spielen und zu übernehmen hat. Er hat in der Frage der Entwicklungspolitik das Beispiel Lomé angeführt, und selbstverständlich stellt sich dabei die Frage, wie stark Europa dort aktiv sein und sich engagieren soll.

Herr Kollege Schieder! Ich stimme dir hundertprozentig zu, weil ich meine, daß es wirklich Sinn macht und notwendig ist, daß die Europäische Union als Staatengemeinschaft von über 370 Millionen Bürgern – mit hohem wirtschaftlichen Potential und einer demokratischen Gesellschaftsordnung – auch in der Weltpolitik Verantwortung trägt. Die Europäische Union muß strategische Interessen wahrnehmen und hat auch Verpflichtungen im Rahmen der Weltpolitik zu übernehmen, jedoch als gleichberechtigte Partnerin mit den Vereinigten Staaten.

Es kommt daher besonders darauf an, gerade im Rahmen einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik die Position der Europäischen Union zu den Vereinigten Staaten von Amerika entsprechend zu definieren. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Schieder! Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage, wir brauchen dazu eine effektive, eine wirksame Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der Europäischen Union. Wir müssen zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kommen, im Rahmen derer die Europäische Union mit einer Stimme spricht, im Rahmen derer sie in der Lage ist, politische Ziele zu definieren, strategische Ziele festzulegen, im Rahmen derer sie in der Lage ist, mit einer Stimme die gemeinsamen Interessen in den internationalen Gremien zu vertreten.

Das fehlt noch, und da, glaube ich, sollte Österreich eine Vorreiterrolle übernehmen. Ich darf Sie, Frau Staatssekretärin, die Sie jetzt den Herrn Außenminister vertreten, ersuchen, daß man sich im Rahmen der österreichischen Außenpolitik im Außenministerium Strategien und Konzepte überlegt, in welcher Art und Weise die Europäische Union ihre Rolle im Rahmen der Weltpolitik besser spielen kann.

Ich meine, dazu gehört nicht nur eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, sondern es ist auch notwendig, die Integration der Europäischen Union fortzusetzen. Wir setzen jetzt einen sehr wichtigen Schritt mit der Gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion. Das ist ein ganz wichtiger Integrationsschritt, um die Möglichkeiten der Europäischen Union entsprechend zu stärken. Ich glaube aber auch, daß es notwendig ist, daß sich die Europäische Union in Fragen der Sicherheitspolitik verstärkt integriert, daß sie besser zusammenarbeitet und zu klaren, eindeutigeren Linien kommt. Dann würde sie auch ihrer Verantwortung auf dem europäischen Kontinent in Sicherheitsfragen gerecht werden, dann bräuchten wir nicht immer Entscheidungen des amerikanischen Außenministeriums oder des Pentagons, wenn es darum geht, auf dem Kontinent Frieden zu schaffen. Das wäre eine ganz wichtige, ganz entscheidende Aufgabe der Europäischen Union in Zukunft, und Österreich sollte hier mit Engagement vorangehen.

Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Frage der sicherheitspolitischen Integration beklagte Frau Kollegin Kammerlander das Aufweichen der Neutralität. Ich bedauere, daß sie jetzt nicht da ist (Abg. Wabl: Ich sage es ihr, auf Punkt und Beistrich!), aber Kollege Wabl wird ihr das sicher weitersagen. Meine lieben Kollegen von den Grünen! Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, daß die Neutralität ihre Funktion als sicherheitspolitisches Konzept für Österreich verloren hat! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wabl: Selbstbetrug!) Herr Kollege Wabl! Die Zeit des kalten Krieges ist in Europa Gott sei Dank vorbei. (Abg. Wabl: Die Verfassung ist "entsorgt" vom Herrn Moser!) Die Zeit der Teilung Europas ist Gott sei Dank vorbei. Daher hat sich für Österreich das strategische Umfeld ganz entscheidend geändert, und daher ist auch die Neutralität als sicherheitspolitische Konzeption nicht mehr die Antwort, die Herausforderungen der Zukunft zu lösen. Das ist Faktum, und ich bitte Sie, diese Argumente wirklich einmal anzuerkennen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege König von der Österreichischen Volkspartei hat kurz die Osterweiterung angesprochen. Es ist schon richtig, daß es notwendig ist, daß es Sinn macht, im Vorfeld dieser Osterweiterung, im Vorfeld dieser Integration unserer Nachbarländer in die Europäische Union zu helfen. Es wird sich daraus die Konsequenz ergeben, daß wir in Zukunft kein


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