Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 34

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Meine Damen und Herren! Wann spricht man von "politischen Staatsverträgen"? Im "Grundriß der Österreichischen Bundesverfassung", im Kommentar dazu – und nach diesem Buch haben wir ja alle Verfassungsrecht an der Universität studiert – steht: Als politische Staatsverträge können Staatsverträge verstanden werden, die sich mit öffentlichen Angelegenheiten befassen und die Existenz, die territoriale Integrität oder die Unabhängigkeit und die Stellung oder das maßgebliche Gewicht eines Staates in der Staatengemeinschaft berühren.

Meine Damen und Herren! Wenn wir heute und schon in der Vergangenheit, 1995, Staatsverträge mit der NATO abgeschlossen haben, die klar unsere zukünftige Einbindung und unsere zukünftige Rolle und Aufgabe im Rahmen dieser Staatengemeinschaft regeln, wenn wir klar definieren, daß wir gemeinsame Übungen machen, daß wir gemeinsame Aufgaben, militärische Aktionen in Europa durchführen, wenn wir unsere Streitkräfte entsprechend anpassen und abstimmen, dann ist das eine politische Frage, dann ist das ein politischer Staatsvertrag.

Daher ist aus meiner Sicht zwingend das Parlament damit zu befassen, und ich darf den Herrn Präsidenten ersuchen – und ich wundere mich, daß die sozialdemokratische Fraktion sich das gefallen läßt –, die Vorhaben der Bundesregierung bezüglich dieser Frage in das Parlament zurückzuholen, damit wir diese Frage im Parlament entsprechend beraten und besprechen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Abschluß noch einen Punkt ansprechen, der mir im Rahmen der österreichischen Außenpolitik besonders am Herzen liegt: die Frage der Entwicklungszusammenarbeit. (Abg. Dr. Cap: Es haben nur zwei applaudiert!) Zwei sind besser als keiner! (Heiterkeit.)

Zur Frage der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. – Meine Damen und Herren! Ich bin froh, daß das betreffende Budget zumindest stabil geblieben ist. Ich bedauere es aber, Frau Staatssekretärin, daß wir in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit einen rückläufigen Trend erkennen müssen. Ich bedauere es, daß offensichtlich die notwendige Osthilfe zu Lasten der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geht. Das ist, glaube ich, nicht redlich, weil es zwar Sinn macht und notwendig ist, den Ländern in Osteuropa zu helfen, auf der anderen Seite muß aber auch den Ländern der dritten Welt im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit geholfen werden, daß sie ihren Wohlstand und ihre Wirtschaft entsprechend aufbauen können.

Ich bedauere, daß wir eine rückläufige Tendenz haben. Das zeigt ein Zahlenvergleich der ODA-Ausgaben insgesamt: 1995 waren es immerhin noch 7,73 Milliarden Schilling, 1996 waren es 5,9 Milliarden Schilling, und die Ausgaben sind weiter sinkend. Oder: Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt von früher 0,33 Prozent ist jetzt auf 0,24 Prozent gesunken. Damit, Frau Staatssekretärin, liegen wir noch immer ganz, ganz wesentlich unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Damit sind wir weit davon entfernt, die Richtlinien der OECD zu erreichen, die den reichen Ländern, wie es Österreich ist, vorschlagen, etwa 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben.

Ich bedauere diese Entwicklung, und ich darf hoffen, daß wir in dieser Frage in Zukunft doch neue Akzente werden setzen können, denn eines ist diesem Parlament ja schon gelungen, nämlich die Frage der Entschuldung der Länder der dritten Welt in einer sehr fairen und sehr klaren und durchaus großzügigen Art und Weise zu regeln. Es ist ein Erfolg des Parlaments gewesen, daß die ursprünglich von der Bundesregierung beabsichtigte Entschuldung von 1 Milliarde Schilling auf 1,7 Milliarden Schilling erweitert werden konnte. Daher appelliere ich jetzt an die Frau Staatssekretärin und auch an den Herrn Außenminister, daß wir diesen Beschluß des Parlaments tatsächlich sehr rasch umsetzen, daß wir sehr rasch den Entwicklungsländern signalisieren, daß sie diese Kredite nicht mehr zurückzahlen müssen. Die betroffenen Länder brauchen einen Spielraum in ihren Budgets, um in ihren Ländern bildungspolitische Maßnahmen zu setzen, sozialpolitische Maßnahmen zu setzen, und ich meine auch, daß wir bei dieser Umsetzung keine neuen Beschränkungen und Einschränkungen festlegen sollten.


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