Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 45

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sollten darüber mit derselben Klarheit und Deutlichkeit reden, meine Damen und Herren, wie Sie es bei Ihrer Parteinahme für Menschen tun, die in anderen Staaten wohnen.

Meine Damen und Herren! Noch ein Satz zu Herrn Höchtl, der gemeint hat, man dürfe bei Menschenrechtsfragen nicht schweigen. – Ich weiß, er hat sogar einmal eine Reise in die Türkei gemacht, bei der er aber nicht gerade dadurch aufgefallen ist, daß er etwa die Kurdenfrage mutig vorangetrieben hätte (Abg. Dr. Stippel: In Nordkorea!) – nein, das war in der Türkei; aber in Nordkorea war es ebenso –, er ist also nicht dadurch aufgefallen, daß er die Kurdenfrage besonders mutig angeschnitten hätte.

Dazu hätte ich auch gern ein paar Sätze von Herrn Minister Schüssel gehört. Wie sieht er denn eigentlich die Tatsache, daß ein NATO-Land Krieg führt? – In diesem großen "Friedensbündnis" der NATO-Länder führt ein Land Krieg, mit regulären Truppen, mit regulären Einsätzen, mit regulären Vernichtungsszenarien. Ganze Dörfer werden vernichtet. Man stationiert sogar Truppen in einem anderen Land. Wie wird das vom Herrn Außenminister gesehen? Oder gebietet es die diplomatische Feinheit oder die diplomatische Höflichkeit, daß man darüber nicht spricht?

Solange diese Art der Auseinandersetzung ... (Abg. Scheibner: Was soll die NATO denn machen?! Wollen Sie NATO-Truppen in der Türkei haben?!)

Herr Kollege Scheibner! Ich weiß schon, diese Seite erwähnen Sie auch selten, wenn Sie so euphorisch mit dem Herrn Lichal zusammensitzen und Ihre Referate abwickeln. Aber ich meine, daß Sie darauf eingehen sollten, daß wir es da nicht mit einem Friedensbündnis zu tun haben, sondern mit einem Militärpakt. Und innerhalb dieses Militärpakts gibt es auch Opportunitäten, die offensichtlich von Ihnen geduldet werden.

Nun kann man als Opposition verschiedene Rollen spielen. Aber der Herr Minister sollte dazu klar Position beziehen. Das wäre nämlich ein solider Beitrag zu einer aktiven Friedenspolitik, zu einer Weiterentwicklung im Sinne des Kollegen Schieder, im Sinne einer Friedenspolitik, die Österreich in bester Tradition machen könnte und mit der Österreich international auch reüssieren könnte. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Meine Damen und Herren! Wie schon Kollege Schieder vor mir komme ich nun wieder zum eigentlichen Thema, das meines Erachtens Österreich im Augenblick am meisten beschäftigt, nämlich zur Frage: NATO-Beitritt, ja oder nein? Gibt es eine andere Option? – Ich würde mir wünschen, daß wir in dieser schwierigen Frage eine sehr sensible, ausgewogene Diskussion führen, ganz im Sinne der Beiträge der Sozialdemokraten, aber auch ganz im Sinne der Beiträge von anderen Parteien.

Meine Damen und Herren! Letztendlich ist es die Aufgabe der Politik und die Aufgabe der Regierung, dem Souverän in einer so wichtigen Verfassungsangelegenheit die entscheidende Frage zu stellen: Was will das Volk, was wollen die Bürgerinnen und Bürger?, und ich würde mir wünschen, daß diese Frage relativ bald gestellt wird.

Ich halte diese opportunistische Vorgangsweise der Sozialdemokratie, diese Abstimmung doch bis über das Wahljahr 1999 hinaus aufzuschieben, für sehr gefährlich, denn dadurch passiert möglicherweise genau das, was Sie nicht möchten, Herr Kollege Schieder. Auf der einen Seite werden in sämtlichen Veranstaltungen hervorragende Koalitionen zwischen ÖVP und FPÖ geschlossen – ich darf das in der letzten Zeit öfters mitverfolgen –, und auf der anderen Seite gibt es eine zurückhaltende, vornehme bis passive Haltung der Sozialdemokratie sowie eine Haltung der Grünen, die als Position einer Partei erkannt wird, die eben schwach ist, die nur 5 Prozent der Stimmen hat, nicht mehr und nicht weniger – manchmal weniger, manchmal mehr.

Das ist aber sehr gefährlich, weil dadurch in der österreichischen Bevölkerung der Eindruck entstehen könnte: Es ist ohnedies nichts mehr zu tun, es ist nichts mehr zu machen, der Zug fährt und fährt und fährt. Genauso stellen es ja auch jene Referenten dar, die die ÖVP immer zu solchen Veranstaltungen schickt: Da ist ein Zug, und sonst weit und breit nichts. Es gibt kein


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